heute in hamburg
: „Der Deutsche ist diszipliniert, der Franzose normal“

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Emmanuel Peterfalvi alias Alfons, 50, Kabarettist und bekannt als Reporter mit Puschelmikrofon und Trainingsjacke.

taz: Herr Peterfalvi, Sie erhalten heute die deutsche Staatsangehörigkeit. Was ändert sich damit für Alfons?

Emmanuel Peterfalvi: Äußerlich nichts. Ich werde weiter über rote Fußgängerampeln schimpfen, vor welchen ich halten muss, auch wenn kein Auto kommt. Aber in mir gibt es viele Änderung. Ich bin dann beides, Franzose und Deutscher. Für meine französischen Kumpels ist es, als mische man Sauerkraut mit éclair au chocolat. Der Deutsche ist diszipliniert und organisiert, der Franzose ist normal. Ich habe es gut geschafft, beides zu vereinbaren.

Wann fühlen Sie sich besonders deutsch?

Wenn ich in Frankreich bin. Wenn ich mich verabrede, bin ich da, aber die anderen nicht. Das ist ja Frankreich. Aber wenn ich zurück in Deutschland bin, fühle ich mich sehr französisch. Beide Pässe zu haben, passt also am besten zu mir. Und es mag für einen Deutschen komisch klingen, aber ich liebe Deutschland. Es gibt sicherlich viel zu kritisieren, aber es gefällt mir, Teil dieser Gesellschaft zu sein.

Warum sind Sie jetzt erst auf die Idee gekommen, Deutscher zu werden?

26 Jahre lang habe ich mir die Frage nie gestellt. Ich hatte ein Gleichgewicht erreicht: Franzose, lebte in Deutschland und alles war gut. Dann bekam ich einen Brief von Olaf Scholz: Wollen Sie Deutscher werden? Das hat das Gleichgewicht durcheinander gebracht. Der Brief hing an meinem Kühlschrank, eines Tages ist meine Küche abgebrannt. Samt Brief. Ich dachte: Die Frage hat sich erledigt .Ein paar Monate später traf ich Scholz bei der NDR-Talkshow. Inzwischen wusste ich , ich will doch die deutsche Staatsbürgerschaft. Und habe es ihm gesagt.

Was hat Ihnen bei der Entscheidung geholfen?

Meine Großmutter war in Auschwitz. Und ist zurückgekommen. Sie war sehr wichtig für mich. Als Kind habe ich sie gefragt, ob sie die Deutschen hasst. Ihre Antwort hat mir sehr imponiert. Sie sagte: „Ich will niemanden hassen. Das Einzige, was ich will, ist das so was nie wieder passiert.“ Ich habe mich an diesen Satz erinnert. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie meine Entscheidung gut gefunden hätte.

Und haben Sie es schon mal bereut?

Nein. Auch nicht als es mit der Bürokratie losging, ich habe viele, viele Formulare ausgefüllt und habe mir gedacht: Die machen das, damit man spürt,wie es ist , Deutscher zu sein.

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