55 Seiten Brandenburg

STARTSCHUSS SPD und Linkspartei haben ihren Koalitionsvertrag unterzeichnet, heute soll Matthias Platzeck zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Zuvor hatten beide Parteien ihre Zustimmung für Rot-Rot gegeben

VON UWE RADA

Matthias Platzeck kann aufatmen. Wie geplant haben seine SPD und der künftige Koalitionspartner Linke am gestrigen Donnerstag den Koalitionsvertrag unterzeichnet. Wenn er nun auch am Freitag bei der zweiten Sitzung des Brandenburger Landtags zum Ministerpräsidenten gewählt wird, kann Platzeck pünktlich zum Jubiläum des Mauerfalls seine neue Botschaft als Regierungschef verkünden: Rot-Rot als Projekt der Versöhnung.

Am Ende war der Weg dahin unerwartet steinig geworden. Aufregung über Rot-Rot habe er erwartet, verriet Platzeck in einem Interview mit der Berliner Zeitung. „Überrascht hat mich allerdings die Emotionalität, die das Thema 20 Jahre nach dem Mauerfall noch überlagert.“

Platzeck hat jedoch mit seinem umstrittenen Vergleich zur Integration ehemaliger SS-Mitglieder in die Bundesrepublik mit der Aufarbeitung der SED-Vergangenheit in Brandenburg selbst zur Aufregung beigetragen. Die Delegierten des Landesparteitags am Mittwochabend in Altlandsberg verziehen es ihm. Mit 110 Jastimmen bei 14 Gegenstimmen und 7 Enthaltungen fiel das Votum für das rot-rote Bündnis klar aus.

Auch bei der Linken war es auf der Zielgeraden noch zu Unebenheiten gekommen. Zusätzlich zur Basis, die gegen den Braunkohlekompromiss mit der SPD murrte, gesellte sich noch Kritik aus der Bundespartei: Fraktionschef Gregor Gysi warnte gar vor dem Verlust der Glaubwürdigkeit. Zuvor hatten Brandenburgs Fraktionschefin Kerstin Kaiser und Landeschef Thomas Nord auf vier Regionalkonferenzen für den 55-seitigen Kompromiss geworben. Offenbar mit Erfolg: 124 Delegierte stimmten auf dem parallel zur SPD abgehaltenen Parteitag mit Ja, 15 waren dagegen, 5 enthielten sich.

„Wir wollen wirtschaftliche Dynamik mit gesellschaftlichem Zusammenhalt verbinden“, sagte Platzeck bei der Unterzeichnung. „Ich glaube, wir haben einen sehr guten Koalitionsvertrag.“ Kerstin Kaiser ergänzte: „Wir sind am Beginn einer neuen Koalition, die für das Land tatsächlich historisch ist.“

Dass der Weg der Koalition zunächst steinig bleiben wird, zeigte eine Äußerung von Exbauminister Wolfgang Tiefensee (SPD), der von einer „Gratwanderung“ sprach. So wird Rot-Rot wohl in der Praxis zeigen müssen, was „Versöhnung“ bedeutet. Im künftigen Kabinett haben die Sozialdemokraten fünf und die Linken vier Ministerien.