Platzeck unter Erfolgsdruck

Rot-Rot in in Brandenburg startet gegen den Wind

von UWE RADA

Fünfundfünzig Seiten umfasst der Koalitionsvertrag in Brandenburg, davon entfallen drei auf die Präambel. Mit der Ex von der CDU brauchte die SPD nur die Hälfte. Das allein zeigt, wie schwierig die rot-rote Hochzeit, aller Nähe zum Trotz, am Ende war.

Dass Rot-Rot in Brandenburg gegen den Wind starten würde, war klar. Auch in Berlin war 2001 der Untergang des Abendlandes befürchtet worden – zumindest aber eine Abwanderung vieler Firmen. Und heute? Der Mercedes-Stern kreist noch über dem Europacenter. In Berlin war Rot-Rot tatsächlich ein Projekt der Versöhnung – von Ost und West.

Wo bleiben die Ideen?

In Brandenburg steht der Beweis noch aus. Nicht nur bürgerbewegte Sozialdemokraten und ehemalige Stasispitzel muss Matthias Platzeck versöhnen, er muss auch politisches Vertrauen zurückgewinnen. Mit der großen Koalition fuhr Brandenburg zuletzt nicht schlecht. Die Latte für den Erfolg liegt also hoch.

Ob auch die neue Ministerriege erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten. Gerade in der SPD deutet vieles auf die Formel hin: schwache Minister, starker Ministerpräsident. Doch das wäre die falsche Botschaft: Brandenburg braucht schließlich nicht nur Versöhnung, es braucht Erneuerung – auch der politischen Kultur. Autoritäre Landesväter gab es genug in der Mark.

Wenn sich der Sturm der Entrüstung gelegt hat, kann sich Rot-Rot auf die Flaute in den Kassen konzentrieren, auf seine abgehängten Regionen, auf seine Leuchttürme. Auch da sind neue Ideen gefragt. Doch davon steht in den 55 Seiten Koalitionsvertrag nicht allzu viel.

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