Keine Tränen für Hartz IV

Arbeitsagentur begrüßt Wunsch des Senats, Betreuung der Langzeitarbeitslosen an sich zu ziehen. Ohne Doppelspitze könne Hartz IV-Behörde „effizienter“ agieren. Stadt sparte allein bis August knapp 300 Millionen Euro durch das Arbeitsmarktgesetz

von Eva Weikert

Rolf Steil hängt nicht an Hartz IV. Gestern hat der Arbeitsagenturchef auf die Ankündigung des CDU-Senats reagiert, die Verantwortung für die Langzeitarbeitslosen selbst zu übernehmen. „Für uns ist das eine Entlastung“, sagte Steil. Er begrüße, dass Hamburg das Angebot der rot-grünen Bundesregierung annehme, die Hartz IV-Behörde (Arge) zu leiten: „Die Stadt bekennt sich damit zu ihrer Verantwortung zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit“, befand der Bundesbeamte. Zugleich kündigte er an, die städtisch geleitete Arbeitsvermittlung „mit Argusaugen“ zu beobachten.

Wie berichtet will Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) die kommunale Mehrheit in der Arge-Trägerversammlung. Bisher ist sie paritätisch aus Vertretern der Stadt und der Agentur besetzt, weshalb Abstimmungen sehr aufwendig sind (siehe Kasten). Als Reaktion auf Kritik an der lahmenden Umsetzung von Hartz IV in Hamburg hatte Uldall am Freitag erklärt: „Wir wollen die Marschrichtung vorgeben.“

Mit einer „eindimensionalen Führung“, lobte Agenturchef Steil, könne die Arge „effizienter“ arbeiten. Das entsprechende Angebot aus Berlin sei darum ein „Befreiungsschlag“ gewesen. Verärgert zeigte sich Steil aber darüber, dass Uldall seine Pläne allein öffentlich gemacht hat: „Wir sind doch Partner.“

Verschnupft reagierte Steil zudem auf Uldalls erneute Kritik an der Arge-Software. Der Senator hatte das Computersystem als „chaotisch“ bezeichnet und moniert, es ermögliche nicht einmal, die mit Hartz eingeführten Sanktionen gegen Leistungsbezieher durchzusetzen. „Von Chaos kann keine Rede sein“, widersprach Steil. Die Eingabe von Sanktionsmaßnahmen sei nur „kompliziert“, werde aber in einigen Arge-Standorten gleichwohl getätigt. Im Januar werde eine einfachere Software installiert.

„Grundsätzlich“ sieht der Agenturchef die Arge neun Monate nach Start von Hartz IV als „arbeitsfähig“ an. Dennoch bleibe es schwierig, die Arbeitslosigkeit spürbar zu senken. So seien fast 50 Prozent der hiesigen Langzeitarbeitslosen Ungelernte. Aus strukturellen Gründen seien für sie auch bei einem Aufschwung keine Jobs in Sicht. Eine neue Bundesregierung sei daher aufgefordert, Lohnsubventionsmodelle zu entwickeln.

Wie Steil vorrechnete, konnte die Stadt dank Hartz IV bis August 295 Millionen Euro einsparen: So viel Arbeitslosengeld II habe der Bund bis dahin für frühere Hamburger Sozialhilfeempfänger überwiesen, die nach der Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe nun als erwerbsfähig gelten.

Als weitere Wahlforderung nannte Steil denn auch eine Korrektur des Erwerbsfähigkeitbegriffes. Diesen habe der Gesetzgeber „inhaltlich viel zu weit definiert“. Infolgedessen fänden sich in der Arge-Kartei Menschen, so Steil, die krank sind und dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stünden: „Denen aber kann die Arge gar nicht helfen.“