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Gegen die Dynastie

In Togo protestieren Opposition und Zivilgesellschaft für ein Ende der Amtszeit von Präsident Faure Gnassingbé. Die Regierung hält mit Zuckerbrot und Peitsche dagegen

Aus Lomé Katrin Gänsler

Jacque Dossey wird mit jedem Satz lauter. Der junge Mann trägt ein weißes, langärmeliges T-Shirt, ist Journalist und hat in den vergangenen Monaten zahlreiche Demonstrationen besucht – als Reporter, aber vor allem als Togoer, der Verantwortung für sein Heimatland übernehmen will. „Wir jungen Menschen haben überhaupt keine Chance“, sagt er wütend, meint damit aber nicht nur seine eigenen beruflichen Möglichkeiten.

Togo, mit 7,6 Millionen eins der kleinen westafrikanischen Länder, sei völlig runtergewirtschaftet. Es gebe keine Arbeit, aber vor allem keine Perspektiven. Zahlreiche Menschen in seinem Alter würden deshalb versuchen, irgendwie nach Europa zu gelangen. Im Entwicklungsindex der UNO liegt Togo auf Rang 166 von 189.

Was den 27-jährigen Dossey aber genauso ärgert, ist das Schweigen an der Staatsspitze. Präsident Faure Gnassingbé würde sich zu allem, was gerade in seinem Land passiert, nicht äußern, schimpft er. Die aktuelle Strategie der Regierung lautet stattdessen, Konfrontation und Kritik zu unterdrücken. Neuester Versuch ist das Demonstrationsverbot unter der Woche, von dem sich die Opposition aber nicht einschüchtern lassen will. Sie hat angekündigt, am 18. und 19. Oktober wieder auf die Straßen zu gehen und das Ende der Gnassingbé-Dynastie zu fordern. Anfang September sollen allein in Lomé mehr als 100.000 Menschen unterwegs gewesen sein.

An Tagen, an denen nicht demonstriert wird, ist jedoch wenig von der Proteststimmung zu spüren. Die Hauptstadt wirkt träge. Rote T-Shirts und selbstgemalte Protestplakate tauchen nirgendwo auf. Doch die Proteste in Togo sind das Thema schlechthin. Neben einem Präsidenten, der, so sagen seine Gegner, wie sein Vater auch im Amt sterben will, kritisieren viele Menschen Perspektivlosigkeit und Armut, aber auch Menschenrechtsverletzungen, die offen angeprangert werden.

Dabei fällt der Name Mango immer wieder, eine Stadt im Norden des Landes kurz vor der Grenze zu Ghana. „Dort gab es eine Demonstration, die unterdrückt wurde“, sagt Aimé Adi, Leiter des Landesbüros von Amnesty International. Ein neunjähriges Kind sei dabei erschossen worden. Zahlreiche Bewohner seien nach Ghana geflüchtet. Mehr als 30 würden in Untersuchungshaft sitzen.

Obwohl das schon knapp vier Wochen her ist, hat sich die Stimmung nicht beruhigt: „Bis heute fahren abends Militärfahrzeuge durch die Straßen“, sagt Adi. Dass dieser Fall wie auch der der zwei ermordeten Demonstranten Ende August aufgeklärt wird, davon geht Adi nicht aus. „Untersuchungen werden zwar manchmal angekündigt. Aber wir haben nie Ergebnisse“, kritisiert er.

Spekulationen zufolge bleibt der Präsident bis 2020 im Amt und scheidet dann aus

Dass die Regierung diesen Trend wieder stoppt, glaubt niemand. Togo ist für seinen repressiven Umgang mit Kritikern bekannt. Doch das Land ist klein und strategisch unbedeutend, weshalb es nie zu einem ernstzunehmenden internationalen Aufschrei kam. Dabei berichten Expats, die vor Jahrzehnten in Lomé gelebt haben, dass früher immer wieder Leichen von Oppositionellen an den Strand angespült wurden. Es waren die Jahre von Gnassingbé Edema, Vater des jetzigen Präsidenten. An die Staatsspitze gelangte er nach einem Putsch im Jahr 1967 und baute nach und nach seine Macht aus. Nach dessen Tod 2005 kam Sohn Faure an die Reihe. Die Präsidentschaftswahlen galten damals als Farce. Genau deshalb lehnt die Opposition auch das von der Regierung vorgeschlagene Referendum – ein angebliches Entgegenkommen – ab, in dem über die Zahl der Präsidentschaftsmandate abgestimmt werden könnte. Dabei hatte es bereits 1992 eine Verfassung gegeben, die die Amtszeit auf maximal zehn Jahre begrenzt.

Dorthin will die Opposition, die sich aus 14 Parteien zusammensetzt, zurück. „Und zwar mit allen Konsequenzen und dem Rücktritt des Präsidenten“, sagt Oppositionsführer Jean-Pierre Fabre (65), der bei den Wahlen 2015 auf dem zweiten Platz landete. Würde Gnassingbé noch in diesem Jahr zurücktreten, dann „wäre das gut für ihn und uns alle“, so Fabre, der gerade von einem Treffen zum nächsten eilt und auch dafür sorgen muss, dass die Opposition nicht auseinanderbricht. Jeder Protesttag bedeutet einen Arbeitsausfall und keine Einnahmen.

Dass sich Faure Gnassingbé wie vor drei Jahren auch Blaise Compaoré in Burkina Faso dem Druck auf der Straße beugt, gilt trotz der Massenproteste bisher als recht unwahrscheinlich. Hinter vorgehaltener Hand wird eher spekuliert, dass er bis 2020 im Amt bleibt und bei den Wahlen nicht erneut antritt.

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