heute in hamburg
: „Autos sollten Raum abgeben“

Foto: TUHH

Philine Gaffron, 47, arbeitet an der Technischen Universität Hamburg, hat sich zuletzt mit Umweltgerechtigkeit und Stadtverkehr beschäftigt.

taz: Frau Gaffron, was halten Sie von der Idee, dass Leute von außerhalb fürs Parken zahlen müssen, so wie im Portugiesenviertel oder bald auf St. Pauli?

Philine Gaffron: Das ist in der Innenstadt auf jeden Fall sinnvoll, da wir dort nur sehr begrenzten Parkraum haben. Damit kann man sowohl die Parksituation für die Anwohner verbessern als auch einen Anreiz bieten, eben nicht mit dem Auto ins Zentrum zu fahren. Man könnte das Konzept in Hamburg noch sinnvoll ausweiten, vor allem in den Gründerzeitvierteln, wo es sehr wenig Parkraum gibt.

Für welche Verkehrsteilnehmer ist Hamburg eigentlich konzipiert?

Wenn man sieht, wie der Raum verteilt ist, dann natürlich zunächst für Autos, die natürlich mehr Platz brauchen als Radfahrer und Fußgänger. Und wir haben ja nur eine begrenzte Menge an Platz in der Stadt. Wir hören in Hamburg immer wieder, dass den Autos kein Raum genommen werden sollte. Das halte ich für falsch. Die Politik sollte mit Gestaltungswillen an die Sache rangehen und sich fragen, was wir eigentlich für eine Stadt wollen. Und zwar nicht nur heute, sondern auch in zehn und in 20 Jahren.

Was sieht die Hamburger Verkehrsplanung denn da so vor?

Hamburg hat – anders als viele andere Großstädte – noch überhaupt keinen fertigen Verkehrsentwicklungsplan. Eine Stadt braucht aber eine langfristige Planung, die aktuelle Probleme darlegt, Ziele definiert und dann Maßnahmen nennt, um diese Ziele auch zu erreichen. Umwelt, Wirtschaft, Lärmminderung, alles hat auch mit Verkehr zu tun und es ist sehr wichtig, eine übergreifende Strategie zu haben. Diese Priorität wurde in Hamburg lange nicht gesehen und das merkt man heute noch.

Und das ist jetzt problematisch für die Zukunft?

Ja, nicht nur für Gesundheit und Klima, sondern auch für die Wirtschaft. Wenn große Firmen überlegen, wo sie Standpunkte ansiedeln, suchen sie Orte, die attraktiv für qualifizierte Mitarbeiter sind – auch im Bereich Mobilität. Dafür ist ein gutes Netz von öffentlichen Verkehrsmitteln durchaus wichtig. Ich könnte mir vorstellen, dass die Idee der Stadtbahn, die in Hamburg vor sechs Jahren erst mal begraben wurde, irgendwann doch zurückkommt. Bahnen haben mehr Kapazitäten als Busse und sind billiger und schneller zu bauen als U-Bahnen.

Interview Adèle Cailleteau

Diskussion „Staustadt statt Weltstadt – wo bleibt die Obergrenze für Autos?“: 20 Uhr, Nachtasyl, Alstertor 1, Eintritt: 5 Euro