Kommentar von Bert Schulz
zur „inneren Einheit“ Berlins
: Ein Job für die Ost-Mitte-West-Koalition

Zehn Tage nach der Bundestagswahl wird – passend zum 3. Oktober – über die Spaltung der Republik in West und Ost diskutiert. Anlass ist das Wahlergebnis: Danach ist die AfD in Ostdeutschland zweitstärkste Kraft; in Sachsen sogar die stärkste. Berlin bildet eine Ausnahme. Die AfD blieb mit 12 Prozent leicht unter dem Bundesschnitt und klar hinter ihrem Ergebnis bei der Abgeordnetenhauswahl 2016, als sie 14,2 Prozent holte.

In der Hauptstadt gelang es der Linkspartei noch mal, ihre Hochburgen im Osten gegen die AfD zu verteidigen. Vor allem dank prominenter Kandidaten: Gregor Gysi, Petra Pau, Gesine Lötzsch sind Namen, die ziehen, und die zugleich für die DDR-Geschichte ihrer Wahlkreise stehen wie auch für die von vielen Bürgern als komplizierter eingeordnete BRD-Gegenwart. Und in den Stadtteilen im Inneren des S-Bahn-Rings lassen sich kaum noch klare Hochburgen der Parteien erkennen. Alle außer der AfD können hier prinzipiell erfolgreich sein, wie die CDU in Pankow oder die Linke in Kreuzberg zeigen.

Doch auch Berlin ist weiterhin gespalten. Die Linkspartei ist klar stärker im Osten; CDU wie SPD sind im Westen präsenter. Vor allem existieren deutliche Unterschiede zwischen Innen- und Außenstadt, erkennbar an der Stärke der AfD am (erweiterten) Stadtrand.

Als Klaus Wowereit 2002 eine rot-rote Koalition einging, war deren ausdrückliches Ziel auch, die Ost-West-Spaltung der Stadt zu überwinden. 15 Jahre später sollte sich die aktuelle rot-rot-grüne Koalition um die Spannungen zwischen Zentrum und Peripherie kümmern. Die Voraussetzungen dafür sind denkbar gut, wie ebenfalls die Stimmverteilung bei der Bundestagswahl zeigt: Unterteilt man Berlin in drei Nord-Süd-Streifen, ist die SPD im linken, westlichen Drittel stark, die Grünen im mittleren, die Linkspartei im rechten Drittel.

Der Druck ist ebenfalls da: Mit Blick auf die nächsten Wahlen 2021 müssen sich die Grünen überlegen, wie sie endlich am Stadtrand wahrgenommen werden. SPD und Linke brauchen eine Taktik, um zu verhindern, dass die AfD noch stärker in ihrer Klientel wildert.