Radfahren ist das Letzte

Hamburg ist die radlerunfreundlichste Großstadt Deutschlands. Desaströses Ergebnis des neuen Fahrrad-Klimatests. Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club wirft dem Senat Versagen vor und fordert eine neue Radverkehrspolitik in der Hansestadt

Von Sven-Michael Veit

Das Ergebnis sei „bitter für Radfahrer und peinlich für den Senat“, befindet Stefan Warda vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) in Hamburg. Die Hansestadt belegt im gestern vorgestellten „Klimatest“ den letzten Platz unter 28 deutschen Großstädten, die der ADFC auf ihre Fahrradfreundlichkeit testete (siehe Kasten). Mit einer Schulnote von 4,44 wurde das ohnehin schon schlechte Ergebnis von 4,20 beim vorigen Test im Jahr 2003 sogar noch unterboten. „Der CDU-Senat“, urteilt Warda, „bekommt damit die Quittung für seine fehlende Radverkehrspolitik.“

In fast allen der untersuchten 22 Kategorien unterbietet Hamburg die bundesdeutsche Durchschnittsnote von 3,71 deutlich. Die schlimmsten Zeugnisse gibt es für Falschparker auf Radwegen (5,37), Führung an Baustellen (5,35), sonstige Hindernisse (5,15) und Zustand der Radwege (5,16). Das allgemeine Sicherheitsgefühl bewerten die Befragten mit 4,82 ebenfalls als mangelhaft.

Zudem verzeichnet der Test in allen Kategorien deutlich schlechtere Noten als 2003. „In keiner Stadt“, so das Fazit des ADFC-Vorsitzenden Heiko Schütz, „wurde in jüngster Zeit weniger für den Radverkehr getan als in Hamburg.“ Und das bleibe auch so, wie das Beispiel Jungfernstieg zeige. Bei der aktuellen Neugestaltung wird der Radweg nicht einmal mehr farblich vom Bürgersteig abgegrenzt. Das werde, prophezeit Warda, „zu vielen Konflikten mit Fußgängern führen“.

Überdurchschnittlich gut schneidet Hamburg lediglich in drei Kategorien ab. Die Erreichbarkeit des Stadtzentrums wird mit der Note 3,41 bewertet, die Öffnung etlicher Einbahnstraßen fürs Radeln in Gegenrichtung mit 3,38. Auch die Fahrradmitnahme im HVV kommt mit 3,14 recht gut weg – vor zwei Jahren allerdings wurde diese noch mit 2,44 benotet. Schuld daran sind, erläutert Schütz, die drei Euro, die seit 1. April für die Mitnahme von Rädern in Regionalzügen zu bezahlen sind. Das betrifft vor allem Hamburgs Osten, wo die S4 durch eine Regionalbahn ersetzt wurde.

Um Abhilfe zu schaffen, fordert der ADFC deshalb ein Fahrrad-Forum, in dem Parteien, Behörden und Verbände gemeinsam eine neue Radverkehrspolitik erarbeiten, den Bau von Radfahrstreifen auf der Straße anstelle von Radwegen auf Bürgersteigen, verbesserte Ampelschaltungen und eine offensive Öffentlichkeitsarbeit des Senats für das Radfahren. Die fehle bislang in Hamburg gänzlich, weshalb in der Kategorie Werbung fürs Radfahren die Note 5,17 vergeben wurde.

Vom etwa fünf Kilometer langen Rückweg des radelnden Autors von der Pressekonferenz in der Rathauspassage in die taz-Redaktion in Altona sind zu vermelden: Drei Gruppen vagabundierender Fußgänger und zwei Falschparker auf dem Radweg sowie ein Beinahe-Unfall mit einem automobilen Rechtsabbieger – nichts Besonderes also in der Fahrradmetropole Hamburg.