Jukebox

Und was meint eigentlich Frank Zappa zu alledem?

Die Lage ist einigermaßen unübersichtlich. Was sie übrigens schon immer war. Zerschlagen jedenfalls der Grundkonsens, dass Pop irgendwie ein linkes Projekt sei, was man aber eigentlich sowieso immer nur in der gefühlten Linken meinte, und weil einem doch stets erzählt wurde, dass Rock und Pop allweil progressiv so ein gesellschaftlicher Motor der Veränderung seien, immer nur nach vorn sollte es gehen und nimmermehr wollte man an Großväterchens Zopf baumeln, und fand doch Stück für Stück Gefallen an einer so traditionell grundierten Musik wie der von Johnny Cash, nur zum Beispiel, der ein stramm konservativer Patriot war und halt auch so was Rebellisches hatte. Tja. Das Feld der kulturellen Hegemonien ist eben ein unberechenbarer Acker, und einfache Gleichungen gehen nicht auf. Da ist nichts mit Zeig-mir-deine-Plattensammlung-und-ich-sag-dir-wen-du-wählst! Eine „Wir sind Helden“-Scheibe kann sich ein Mensch mit Rot-Grün-Präferenz genauso mit nach Hause nehmen zu seiner persönlichen Freude wie einer mit schwarz-gelben Neigungen. Sogar ein Nazi. Die freie Wahl von Pop. Was ja gerade einer der Vorzüge des Kapitalismus ist.

Wogegen man andererseits schon mit guten Gründen sein kann, und auch mit guten Liedern, die natürlich nichts verändern, wie immer wieder gern gehöhnt wird, dass zum Beispiel ein beharrliches „Sag mir, wo die Blumen sind“-Singen die Welt nicht zu einer Idylle gemacht hat. Was ja nun eine recht arglose Vorstellung ist, dass man oben nur ein Protestlied in die Hitparaden tun muss, und unten kommt eine prima Energiepolitik heraus. Als ob es so einen kulturellen Kniescheibenreflex geben müsste: dass Musik, Lieder die Welt verändern können. Sie tun es nicht, und sie machen es jeden Tag. Aber das ist doch gar nicht die Frage. Nichts ändert sich wirklich im Wandel der Welt. Die Frage ist, wie man sich dazu verhält.

Was nun auch wieder Sache der Musik ist. Eifriges Hören von Zappa-Platten soll die Welt in Schwung bringen, meint jedenfalls Václav Havel, der in Frank Zappa sogar eine Art Ehrenführer der Samtenen Revolution in Prag sehen will.

Und was meint Zappa zu alledem? Auf den Innenseiten des Albums „200 Motels“ zum Beispiel ist der Hinweis zu finden. Ganz einfach: „Don’t forget to register to vote.“ THOMAS MAUCH