Delta und Northwest Airlines vor der Pleite

Die US-Fluggesellschaften haben Gläubigerschutz beantragt. Der Flugverkehr geht aber erst einmal weiter

BERLIN taz ■ Die US-Fluggesellschaften Delta und Northwest haben Konkursanträge gestellt. Beide Airlines fliegen auch zwischen Deutschland und den USA und gehören zu internationalen Kooperationen mit europäischen Gesellschaften. Delta hatte erst im Mai die seit Jahren erste Direktverbindung zwischen Berlin und New York gestartet. Sein Ticket wegwerfen oder umbuchen muss zunächst niemand – der Flugbetrieb geht unverändert weiter.

Denn in den USA bedeutet ein Konkursantrag nicht gleich das Aus für die Firma. Das so genannte Chapter 11 schützt das Unternehmen vor Klagen seiner Gläubiger. Es erhält die Möglichkeit, bei laufendem Betrieb weiter mit diesen zu verhandeln. Nach 120 Tagen muss ein Sanierungsplan vorliegen, diese Frist kann noch verlängert werden. Für Fluggesellschaften in den USA ist dieser Weg nicht mehr ungewöhnlich. Mittlerweile arbeiten vier der sieben größten Fluggesellschaften unter Gläubigerschutz. Neben Delta und Northwest gehören dazu auch United Airlines und US-Airways. Die Anschläge vom 11. September 2001, die für drastische Einbrüche und höhere Sicherheitskosten beim Flugverkehr gesorgt hatten, die gestiegenen Preise für Treibstoff und die wachsende Konkurrenz von Billigfliegern innerhalb der USA brachten die Firmen in die Klemme.

Seit dem Tag, als Terroristen mit zwei Jets ins World Trade Center rasten, hat die Branche 32 Milliarden Dollar Verlust gemacht, jeder dritte Dollar davon kommt von Delta Airlines. Die Folge: Der Schuldenberg ist auf 28,3 Milliarden Dollar gewachsen – obwohl in den vergangen fünf Jahren fast jeder dritte Arbeitsplatz wegfiel. Und der Druck auf die verbliebenen 52.000 Jobs dürfte nun steigen. Denn Delta hatte erst letzte Woche die Streichung von weiteren 1.000 Stellen angekündigt. Und auch Northwest verhandelt derzeit mit den Gewerkschaften über Kostensenkungen. Der Insolvenzantrag liefert ihnen neue Argumente.

Hinzu kommt, dass am 17. Oktober weit reichende Änderungen des US-Insolvenzrechts in Kraft treten. Dann wird es für Unternehmen erheblich schwerer, im Rahmen des Insolvenzverfahrens Schulden loszuwerden. Für die Fluggesellschaften gelten nun noch die alten Regelungen.

Auch in Europa droht nach der Pleite von Swiss und Sabena einer weiteren Fluggesellschaft das Aus. Die griechische Regierung traf sich gestern zur Krisensitzung, um das Ende der staatlichen Fluggesellschaft Olympic zu verhindern. Denn die EU-Kommission hatte am Mittwoch entschieden, dass die überschuldete Olympic Airlines Beihilfen in Höhe von mindestens 150 Millionen Euro zurückzahlen muss. Insgesamt soll die Airline rund 540 Millionen an unerlaubten staatlichen Zuschüssen erhalten haben. „Die Situation ist unklar, viele Szenarien sind möglich“, sagte der Vizechef der Pilotenvereinigung in Athen. Bei Olympic Airlines arbeiten rund 1.800 Menschen, bei der mit Wartung und Service beauftragten Tochter Olympic Airways weitere 3.000. STEPHAN KOSCH

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