Keine „Dünkelgrenzen“

EVENT Über 60 Künstler und Kunsthandwerker im Viertel öffnen zwei Tage Ateliers und Werkstätten

■ 49, promovierter Kunsthistoriker, ist Neu-Bremer: Er arbeitete bis vor Kurzem im Grassi-Museum für angewandte Kunst in Leipzig.

taz: Bei „Kunstwerk im Viertel“ öffnen am Wochenende über 60 Ateliers. Wie behält man da den Überblick, Herr Lokau?

Walter Lokau: Indem man je nach Gusto entscheidet! Auch bei meinen Führungen kann ich nur einen kleinen Ausschnitt berücksichtigen. Da das Ganze in Sparten unterschieden ist, kann man einen Überblick behalten.

Und was finden Sie persönlich besonders interessant?

Meine Liebe gehört der angewandten Kunst – früher nannte man das Kunsthandwerk. Sehr interessant finde ich etwa das „Atelier für Zeitreise“. Dahinter verbirgt sich ein junger, studierter Möbelrestaurator, Rafael Sledzinski. Bei ihm merkt man ganz schnell: Da geht es um mehr, als nur ein Möbel wieder funktionsfähig zu machen. Es sind ja nicht die Dinge, die verschwinden, sondern die Menschen, die die Dinge begleiten. Sledzinski hat ein bestimmtes historisches Bewusstsein und versucht mitunter, Kunden von ihren ursprünglichen Vorstellungen abzubringen. Es ist nicht immer unumstritten, welchen Zustand eines Objekts, das vielleicht 200 Jahre durch die Zeit gegangen ist, man wieder herstellen soll.

Was empfehlen Sie?

Schwere Frage! Jeder, der sich vorstellt, arbeitet in seinem Gewerk aus Begeisterung für ein bestimmtes Material, eine Technik oder ein Thema – ob Kunsthandwerker oder Künstler. Und jeder ist da Spezialist in eigener Sache. Das wahrzunehmen wäre die Aufgabe des Publikums. Angebot und Niveau sind breit, zumal was sonst säuberlich getrennt wird – angewandte und bildende Kunst – hier zusammenkommt.

Und das funktioniert, trotz aller tradierter Antipathien?

Aber ja. Dünkelgrenzen sind ja nicht ehern. INTERVIEW: JAN ZIER

Sa und So, 11 bis 18 Uhr. Führungen jeweils 14 und 16 Uhr, Ziegenmarkt. Infos: www.kunstwerkimviertel.de