Gesamturteil: „unbefriedigend“

POLITIK Die CDU sortiert sich und vergibt neue Posten an altbekannte Leute: Jörg Kastendiek wird Parteichef, Thomas Röwekamp darf Fraktionschef bleiben. Nicht jeder in der Partei ist damit befriedet

Thomas Röwekamp? „Der muss weg!“

DIETER FOCKE, VORSITZENDER DES CDU-STADTBEZIRKSVERBANDS WÜMME

Jetzt ist es also offiziell – der Landesvorstand der CDU hat entschieden und die Parteibasis wird erst mal nicht weiter befragt. Jörg Kastendiek soll neuer Landesvorsitzender und damit Nachfolger der zurückgetretenen Rita Mohr-Lüllmann werden. Für den Posten als Parteivize wurden Jens Eckhoff – Chef des mächtigen Kreisverbandes Bremen-Stadt – sowie die Ex-Kulturstaatsrätin Elisabeth Motschmann nominiert. Sie soll zugleich das Bundestagsmandat der CDU von Bernd Neumann erben (siehe Seite 38).

Kastendiek, der 2003 schon mal CDU-Fraktionschef und zwei Jahre später Wirtschafts- und Kultursenator wurde, ist bislang Chef des kleinen Kreisverbandes Bremen-Nord. Als solcher ist er ein Konsenskandidat, zumal er sich aus dem parteiinternen Gezänk zuletzt heraushielt. Manche in der Partei kreiden ihm fehlendes Charisma an. Der 48-jährige Abgeordnete, im Hauptberuf Prokurist bei der Zech Group, ist ein Vertrauter des alten und wohl auch neuen Fraktionschefs Thomas Röwekamp – während Eckhoff und Motschmann dem Flügel um Mohr-Lüllmann zuzurechnen sind.

Gewählt werden soll Kastendiek beim Landesparteitag am 14. November, fünf Tage später finden dann die Neuwahlen an der Fraktionsspitze statt. Bislang ist niemand in Sicht, der Röwekamp sein Amt streitig machen wollte. Ganz im Gegenteil: Eckhoff, der nach dem Wahldebakel der CDU bei der letzten Bürgerschaftswahl wiederholt Röwekamps Rücktritt als Parteichef gefordert hatte, stärkte ihm gestern den Rücken. Er lobte dessen – unbestrittenes – „rhetorisches Talent“ und „eine gewisse Härte“ Röwekamps in den parlamentarischen Auseinandersetzungen. Zudem weiß er nicht nur eine Mehrheit in den CDU-Gremien, sondern auch in der überschaubaren Parlamentsfraktion hinter sich. Ob sich die CDU auch mit Thomas Röwekamp als Oppositionsführer befrieden lasse? „Ich glaube schon“, sagt Eckhoff.

Das sehen natürlich nicht alle so: Dieter Focke, seit langem Vorsitzender des CDU-Stadtbezirksverbandes Wümme und auch mal Fraktionsvize in der Bürgerschaft, etwa ist weiterhin ein erklärter Röwekamp-Gegner: „Der muss weg!“, unterstrich er gestern. „Weggemobbt“ habe er Rita Mohr-Lüllmann. Und während andere CDUler diplomatisch einschwenken und dem Fraktionschef jetzt noch mal eine Chance geben wollen, sagt Focke, Röwekamp habe schon so viele Chancen gehabt, das könne man gar nicht mehr zählen.

Es gab bereits etliche Austritte aus der CDU. Das könnte die Partei, die bei der letzten Bürgerschaftswahl gerade noch auf 20 Prozent der Stimmen kam, weiter schwächen, heißt es in Gesprächen immer wieder. Manch einer von jenen, die nicht mehr mit Röwekamp können, hofft, dass so auch noch Druck auf ihn aufgebaut werden kann – ehe er sich wieder bis zur nächsten Wahl rettet. Und auch wenn einige innerparteilichen KritikerInnen nun öffentlich schweigen oder Sätze sagen wie „Wir müssen nach vorne blicken“: Nicht wenige in der CDU sind frustriert, weil das Röwekamp-Lager nun am Ende als Sieger aus dem Kampf hervorging, obwohl es bei der Mitgliederbefragung klar in der Minderheit war. Vorerst gilt also weiter, was Kastendiek am Freitag sagte: „Das Bild der CDU nach innen und außen ist unbefriedigend.“ JAN ZIER