Erklärung für erhöhte Gaspreise verlangt

Vor dem Landgericht Hamburg wird die bundesweit erste Sammelklage von 54 Gaskunden verhandelt – die Erfolgsaussichten sind sehr gut. Das Gericht forderte den Gasmonopolisten Eon auf, seine Kalkulation für die Preiserhöhungen offen zu legen

aus Hamburg ELKE SPANNER

Dreimal hat Eon Hanse im vergangenen Jahr die Gaspreise angehoben; jetzt kommt das Unternehmen in Erklärungsnot: Die Firma wird offen legen müssen, wie sie ihren Gaspreis berechnet hat – wenn das Hamburger Landgericht bei seiner Rechtsauffassung bleibt. Dort wird die bundesweit erste Sammelklage von Gaskunden verhandelt. Die Vorsitzende Richterin sagte in der gestrigen Verhandlung, dass sie der Klage stattgeben wird, falls Eon nicht noch neue Argumente anführen kann: „Eine Offenlegung der Preiskalkulation ist bisher nicht erfolgt.“

Eon beruft sich darauf, dass der Gaspreis an die Entwicklung der Heizölkosten gebunden sei. Eine Vertragsklausel mit den Endverbrauchern berechtige Eon Hanse, die monatlichen Raten „der Preisentwicklung auf dem Wärmemarkt anzupassen“. Dem Landgericht aber ist diese Formulierung zu unkonkret. Gesetzlich sei eine Preiskoppelung zwischen Gas und Erdöl nicht vorgeschrieben. Insofern sei es denn auch reine Verhandlungssache, welche Preise Eon mit seinen ausländischen Gaslieferanten vereinbaren würde.

Zudem unterliege Eon Hanse dem Energiewirtschaftsgesetz und sei verpflichtet, eine „sichere, preisgünstige, umweltverträgliche und verbraucherfreundliche Versorgung“ zu gewährleisten. Das Unternehmen müsse sich „aus allen Kräften bemühen, diese Ziele zu verwirklichen“. Ob ein Gasversorger diese Vorgaben bei seiner Preisgestaltung berücksichtige, „muss der Kontrolle unterliegen“.

Laut Bundesgerichtshof (BGH) ist eine solche Billigkeitskontrolle zwingend, wenn Kunden bei einem Monopolisten einkaufen müssen. Auf dem Gasmarkt, so das Gericht, habe sich bislang noch kein Wettbewerb entwickelt – obwohl dies politisch durchaus angestrebt sei. „Die Hamburger Verbraucher sind auf die Lieferung durch Eon Hanse zu deren Bedingungen angewiesen.“ Da eine öffentliche Kontrolle der Preise nicht erfolge, müsste diese zumindest zivilrechtlich durch die Kunden möglich sein. Übersetzt: Die Einzelverträge müssen den Gaskunden stets das Recht einräumen, sich über die Lieferbedingungen ihres Versorgers zu informieren. Dazu könnte möglicherweise eine Information des Gasunternehmens in den Lokalzeitungen reichen.

Der Anwalt von Eon Hanse bezeichnete es als falsch, dass sein Mandant die Gaspreise der ausländischen Zulieferer durch reines Verhandlungsgeschick drücken könne. „Kein Unternehmen in Deutschland kann gegenwärtig die Ölpreisbindung umgehen.“ Zudem erspare eine Offenlegung der Kalkulation den Verbrauchern keine Gaskosten: Ein Blick in die Eon-Unternehmensbilanz zeige, dass „der Hamburger Preis sich innerhalb der Bandbreite vergleichbarer Versorger bewegt“.

Die Sammelklage der 54 Gaskunden wurde von der Verbraucherzentrale Hamburg koordiniert. Rechtsanwalt Joachim Bluhm zeigte sich vor Gericht überzeugt, dass Eon sein Gas zu Preisen bezieht, die nicht vom Ölmarkt bestimmt sind. „Ich glaube eher, dass Sie daran kräftig mitverdienen.“ Das Gericht wird seine Entscheidung am 8. Dezember verkünden.