Wer getreten wird, tritt nach unten weiter

Viele Jugendliche mit türkischem Migrationshintergrund sind große Fans von Filmhelden wie Jacky Chan und verehren Dschingis Khan. Sie können nichts anfangen mit deutschen Ressentiments gegen asiatische Völker, wie sie in ekelhaften Zuweisungen wie „Gelbe Gefahr“ und „Ameisenvolk“ zum Ausdruck kommen. Und doch muss man in den Tagen nach der Trauerfeier für den Deutschthailänder Jonny K. darüber nachdenken, dass die türkischstämmigen Schläger vielleicht keinen türkisch aussehenden Jungen auf dem Alex umgebracht hätten.

Im Umfeld der mutmaßlichen Schläger heißt es, die Disco, aus der Jonny kam, sei ein „Edelclub“, in den man als türkischer „Schwarzkopf“ nie hineingekommen wäre. Gleichzeitig betonen deutsche Journalisten mantraartig, was für ein braver und fleißiger Junge Jonny K. doch gewesen sei. Das Klischee vom guten Ausländer, der sich anders als der schlechte Ausländer einfügt, ist lebendiger denn je. Noch haben die Schläger nicht ausgesagt – aber ist es nicht völlig klar, dass deutsche Klischees, so widersprüchlich sie sind, unter Migrantenkindern aufgenommen werden? Onur U. ist einer, der schlechtere Chancen hatte als andere. Auch darum wurde er in seinem Umfeld oft als „Fremder“ wahrgenommen, der er nicht ist. Dass Jungs wie er oft von Sozialneid getrieben sind, liegt nahe.

Es ist eine Binsenweisheit, dass jene, die getreten werden, nach unten weiter treten. Wir wissen noch nicht, ob die Schläger auf dem Alex auch rassistische Motive hatten. Ahnen können wir es schon.SUSANNE MESSMER