DOMINIC JOHNSON ÜBER MALI UND DIE VERANTWORTUNG DEUTSCHLANDS
: Die Sahara befrieden

Die deutsche Politik soll vermitteln, nicht Militärausbilder schicken

Bundesaußenminister Guido Westerwelle scheint auf seiner Reise durch Westafrika die richtigen Akzente zu setzen. Es gibt keine militärische Lösung für das Phänomen des gewalttätigen radikalen Islamismus. Es ist die Unfähigkeit der staatlichen Institutionen, den Menschen Sicherheit zu bieten und akzeptable Lebensbedingungen für die breite Masse der Bevölkerung zu schaffen, die immer mehr Menschen zu bewaffneten Gruppen treibt.

Malis Regierung hat jetzt Deutschland um Unterstützung gebeten, politische Gespräche mit gemäßigten Kräften im Norden des gespaltenen Landes zu führen. Dieser Bitte nachzukommen wäre für eine vernünftige deutsche Politik in der Sahelzone weitaus wichtiger als die Entsendung von Militärausbildern. Deutschland hat in Mali einen guten Ruf und Erfahrung, die es zu nutzen gilt. Deutsche Expertise half vor zwanzig Jahren, die letzte große Tuareg-Revolte im Norden auf dem Verhandlungsweg zu beenden, und vor zehn Jahren, die ersten spektakulären Geiselnahmen weißer Touristen in der Wüste Sahara durch islamistische Untergrundkämpfer zu einem guten Ausgang zu führen.

Dabei gilt es allerdings auch, Lehren zu ziehen. Der wichtigste Gesprächspartner der Deutschen bei diesen Verhandlungsprozessen war der Tuareg-Führer Iyad Ag Ghali, heute der prominenteste malische Führer unter den Islamisten im Norden. Es gibt durchaus Indizien dafür, dass die durch ihn gegen Provision vermittelte deutsche Lösegeldzahlung von 5 Millionen Euro an al-Qaida zur Freilassung gekidnappter Touristen im Sommer 2003 die Islamisten der Sahelzone überhaupt erst reich und damit schlagkräftig gemacht hat – und ihn selbst mit. Deutschland hat jetzt also auch die Verantwortung, Kräfte zu bändigen, deren Entstehen es einst unversehens mit begünstigte.

Ausland SEITE 8