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Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor.

Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.

Ein Kuli und ein Wagenchip

WAHL 2017 Martin Schulz unbeliebt, AfD gefürchtet, Wahlkampf für flau befunden, aber Auf­ruhr über die Frage der Wählbarkeit der PARTEI

Sie sind bereit für den Deal mit den Christenparteien Foto: dpa

Einblick, Ausblick

betr.: taz.wahl2017

Ihr Überblick bietet einen Einblick, der den Ausblick modifiziert, auch interessant in seiner sozialen Vielschichtigkeit!

HELGA KRÜMMEL, Köln

Die Erde ein Kubus

betr.: „Die politische Mitte ist ­sediert“, taz vom 11. 9. 17

Herr Schulz im Schulz-Interview: Frage: „Herr Schulz, muss die SPD lin­ker wer­den?“

Antwort Herr Schulz: „Wir sind ei­ne lin­ke Par­tei.“

Dazu ergänze ich gern: Die Erde ist ein Kubus und fliegt durch die unendlichen Weiten des Weltalls, um fremde Galaxien zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen. Aber das weiß der „Elitenjournalismus“ ja längst.

WOLFGANG SIEDLER, Langenhagen

Du irrst, Genosse

betr.: „Die politische Mitte ist ­sediert“, taz vom 11. 9. 17

Lieber Genosse Schulz, du irrst gewaltig: Doch, um vorwärts zu gehen, musst du erst mal die Vergangenheit betrachten, um zu verstehen, wie dir jeder Psychotherapeut – der sein Handwerk versteht – bestätigen wird. Selbstverständlich war die Agenda 2010 ein kapitaler Fehler, angerichtet von deinem Immer-noch-Genossen Gerhard Schröder, dem ehemaligen Genossen Wolfgang Clement in Komplizenschaft mit „Herrn Anrüchig“ Peter Hartz. Heute lassen die sich als Lobbyisten ihre Netzwerkverbindungen fürstlich vergolden. Alles Leute mit Abitur und Studium, was, wie du ganz richtig siehst, wirklich keine Qualitätskriterien sind! Schon gar nicht hinsichtlich Humanität!

Du als Autodidakt aber solltest es ihnen ordentlich zeigen und endlich „den Mut aufbringen, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen, um dich aus deiner selbstverschuldeten Unmündigkeit zu befreien“, wie der olle Kant so treffend empfiehlt.

Sei doch einfach mal mutig und bekenn dich zum weiland gemachten Fehler sowie zur Koalition mit der Linkspartei, um dann gemeinsam und mit Karacho den kalten neoliberalen Merkel/Schäuble-Staat zum humanen und nachhaltig umweltfreundlichen Wohlfahrtsstaat umzugestalten! Das wäre der Königsweg! HARALD SEILING, Lünen

Anti-Öko-Partei

betr.: „Ethos, Pathos, Logos“, taz vom 8. 9. 17

Da haben sich ja zwei gefunden!

Ethos, Pathos, Logos? Komm raus aus deiner postmodernen Blase, liebe taz. So viel lobende Worte bekommt Christian Lindner vermutlich selten. Wobei, auch beim Thema Impfen passen FDP und taz ja gut zusammen, beide fordern eine Impfpflicht. Jetzt also auch noch Lobhudelei für ein neoliberales Einwanderungsgesetz sowie eine Quasiwahlempfehlung für die Anti-Öko-Partei. Wieso steht in dem Artikel kein Wort zur Finanz- oder ökologischen Krise, zum Kohleausstieg oder Ökolandbau? Mit Schwarz-Gelb wären sämtliche Bemühungen für Umweltschutz passé. Dieser Artikel ist eine Schande für die taz.

CAROLIN PAGEL, Vagen

Zukunftsmusik

betr.: taz.wahl2017

„Für ein Deutschland, worin wir gut und gerne leben“ – CDU!

„Schulranzen sind wichtiger als Aktenkoffer“ – FDP

„Zwischen Wirtschaft und Umwelt, gehört kein Komma!“ – Grüne!

Immer, wenn man denkt, platter und inhaltsleerer kann ein Bundeswahlkampf nicht mehr werden, werde ich eines Besseren belehrt!

Der Hit war aber eindeutig, dass mir nach meiner Arbeitsrunde am Albertplatz CDU-Werbeleute regelrecht aufgelauert haben und mir Proletarier, gut erkennbar an der blauen Arbeitsjacke, einen Werbebeutel in die Hand drückten, gefüllt mit Propaganda à la Arnold Vaatz, ’ne 0,5-Liter-Schokomüllermilch, 1 Kuli und 1 Wagenchip, damit ich stilecht konsumieren gehen kann.

Vier Jahre hat man nun nichts von den braven CDU-Soldaten gehört, nun werden wir mit Geschenken beglückt, damit wir das Kreuzel auch richtig setzen.

Schokomilch, wie passend dachte ich, hatte das Plakat von Arnold Vaatz doch schön konservativ quer durch das ganze A0-Plakat ein schwarz-rot-goldenes Band gehabt, sein anderer CDU Kollege ging da schon mutiger zu Werke und band sich demonstrativ eine Krawatte in den Farben der Reichskriegsflagge um den Hals, rot-schwarz-weiß. Ehrlich sind sie zumindest, denn beide sind ja als bekennende Linkenhasser bekannt.

Überhaupt dachte ich, es war sehr clever, die Wahlkreise umzugestalten, nun werden die Stimmen der Neustädter mit Bautzner Land II verrechnet und somit neutralisiert, wer weiß, was sonst für ein/e Direktkanditat/in dort gewählt werden würde!

Nee, ne, da geht die Demokratie lieber auf Nummer sicher und schickt brave CDU Mitglieder durch alle Altersheime, um den Senioren und Seniorinnen beim Ausfüllen der Wahlzettel zu helfen, die Augen sind doch nicht mehr so gut, und endlich ist ein freundlicher Herr mal da, um ein paar Minuten zu reden, und so einen schicken Anzug hatte der an! Selbst ein paar Kekse hatte der mitgebracht!

Nun, bei dieser Bundestagswahl mit 61,5 Millionen Wählern sind 50 Prozent älter als 52 Jahre. Das ist Zukunftsmusik 2017!

KORNEL SZECSENYI, Dresden

Angst schüren

betr.: taz.wahl2017

Bald ist sie da. Die Wahl. Wie viele Menschen auf der Welt würden nur zu gerne dieses Recht haben und nutzen. Aber wem kann ich vertrauen? Wer wird meine Interessen vertreten? Deutschland den Deutschen! Oder Gerechtigkeit? Meine Nachbarn tuscheln immer öfter fast schamhaft über eine neue Partei, welche die Beste wäre. Die da müssen weg. Die da oben müssen weg. Leise und verborgen wirkt ein Gift. Das alte Gift der Ausgrenzung. Und der Angst. Der Angst, zu kurz zu kommen. Da sind Sündenböcke gerade recht. Heimlich still und leise werden die Messer gewetzt – wie damals. Unter dem Deckmantel einer Opposition ist es warm und gemütlich. Das darf man doch wohl sagen. Noch unter der Hand. Aber es wächst wie ein Geschwür. Wieder. Keine Chance für die Liebe. Nur Hass. Kampf. Wahlkampf. Mein Kampf. Keine Diskussion. Nur Propaganda. Und Angst schüren. Angst, selbst ausgegrenzt zu werden. Dann lieber mitlaufen! Oder besser noch: gleich mitmachen. Aus Angst – aus Dummheit – aus Hilflosigkeit. Oder aber auch Schweigen. Stillschweigen. Leise zustimmen. Wieder … Die Anderen waren schuld … damals.

MICHAEL HELLEBRAND, Berlin

Ostfrust

betr.: „Die verpasste Integration“, taz vom 7. 9. 17

Die angeführten Ursachen für den verbreiteten Ostfrust sind nachvollziehbar. Aber dass es in der Konsequenz „krasse Ergebnisse für die AfD“ geben könnte, das kann doch nur, falls es tatsächlich dazu kommen sollte, mit geistigem Totalausfall zu tun haben. Man sollte meinen, es müsste bis heute auch der letzten Dumpfbacke aufgegangen sein, dass sich Figuren wie Weidel, Gauland usw. einen Dreck um die Interessen von Abgehängten scheren. Die „zweitklassig Behandelten“ und „abschätzig Belächelten“ müssten doch wenigstens formal erkennen können, wo ihre Anliegen ein bisschen ernster genommen werden. HERBERT SAUER, Laufach-Hain