LESERINNENBRIEFE
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die tageszeitung | Rudi-Dutschke-Str. 23 | 10969 Berlin | briefe@taz.de | www.taz.de/zeitungDie Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor. Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.

Aushebeln der Demokratie

betr.: „Tegelgegner im Aufwind“, taz vom 6. 9. 17

Von Bremen aus betrachtet, ist es in meinen Augen sehr verwunderlich, wenn der Regierende Bürgermeister Berlins, Michael Müller, sagt, dass er nicht daran denken würde, in Tegel weiter Flugzeuge in die Luft gehen zu lassen – auch im Falle einer Mehrheit des Volkes per Entscheid! Ihm ist ganz egal, wie das Volk am 24. September entscheidet! So wird Demokratie ausgehebelt! MARTIN TUTSCH, Bremen

Tegelretter im Nachdenkstil

betr.: „Der ,nette Kollege‘ Liebich“, taz vom 10. 8. 17

Benedict Ugarte Chacon und Mathias Behnis haben recht, der FDP übelsten Missbrauch der direkten Demokratie vorzuwerfen. Nicht nur die Tegeler oder Reinickendorfer, Pankower oder Spandauer fragt man, sondern alle Berliner; die Betroffenen in den lärm- und dreckgeplagten Stadtteilen wären wohl diejenigen, die als Leidtragende des Fluglärms hätten befragt werden müssten.

Stattdessen kommt der Alleindarsteller Lindner – hübsch künstlerisch im Nachdenkstil – als Tegelretter daher mit seiner Nischenpartei hohen Wirtschaftsanspruchs. TXL ist bequem für die Berliner, tja, aber eben hauptsächlich eine unerträgliche Lärmstress-, Gestank- und Schmutzquelle für die Betroffenen!

Vorgemacht hat man das wohl bei Stuttgart 21 mit all dem Murks in Planung und Wirklichkeit und alle Baden-Württemberger befragt, nicht die Stuttgarter als Hauptleidtragende, durch­schaubar bei der damaligen Regierungskoalition der CDU/FDP. Jetzt kann man nur noch an die Vernunft der Berliner Wähler appellieren. ERNST-FRIEDRICH HARMSEN, Berlin-Tegel Dreimal umsteigen nach Tegel

betr.: „Der ,nette Kollege‘ Liebich“, taz vom 10. 8. 17

Die taz.die tageszeitung ist ja eigentlich eine Zeitung, die sich für den öffentlichen Nahverkehr einsetzt, aber mitunter passieren ihr auch Fehler. Ihr schreibt: „Stefan Liebich hat es nicht so weit wie andere Parlamentarier. Er wohnt mitten in der Einflugschneise.“ Wir haben uns mal die Fahrzeiten angesehen und kommen zu dem Schluss, dass TXL überhaupt nicht gut erreichbar ist, auch wenn man in der Einflugschneise wohnt.

Von Pankow Kirche zum TXL braucht man 34 Minuten und muss dreimal umsteigen (zwei Busse, zwei S-Bahnen). Es gibt auch Verbindungen mit zwei Bussen, die dauern aber 46 Minuten. Der letzte Bus ist immer der Flughafenbus und der steckt oft im Stau. Im Vergleich dazu gibt es eine Straßenbahn+S-Bahn-Verbindung nach Schönefeld, die nur 52 Minuten dauert. Also 6 Minuten länger, die man aber bei TXL im Stau steht.

In den Ausbauplänen gibt es weitere Verbindungen mit Regionalzügen, die viel schneller sind, weil sie nur in Ostkreuz und in Schöneweide halten. Das Verhältnis würde sich bei Offenhaltung von TXL noch zu Ungunsten von TXL verschlechtern, denn die Rudolf-Wissel-Brücke wird in den nächsten Jahren abgerissen und durch die Umfahrungen verschärft sich die Stauproblematik auf den anderen Straßen. STEFAN MÜLLER, tegelschliessen.de

Rote Karte für BER-Pannen

betr.: „Tegelgegner im Aufwind“, taz vom 6. 9. 17

Die doppelte Menge an Flugzeugen, die derzeit in Tegel landet und startet, wird, wenn die Prognosen der Betreiber stimmen, bald mehr als 100.000 Menschen, die unter den Einflugschneisen von Schönefeld wohnen, in schwerste Dauerbeschallung nehmen. 55 Millionen Flugpassagiere im Jahr prognostiziert Herr Lütke Daldrup in wenigen Jahren. Im Minutentakt werden die Flieger die dort Lebenden in ihre Häuser zwingen.

Das ist Ergebnis einer menschenverachtenden Politik, die der Berliner Senat und die Brandenburger Regierungen über zwei Jahrzehnte hinweg praktiziert haben, statt einen lärmverträglicheren Standort zu suchen.

Als ob am Flughafen Berlin-Brandenburg nicht genug Steuergelder versenkt worden sind, will man jetzt weitere Milliarden in Schönefeld für die Aufstockung des viel zu kleinen Flughafens aus dem Fenster werfen, statt Tegel so lange zu ertüchtigen, bis die Anzahl der Flüge im Zuge einer ökologischen Wende radikal wird sinken müssen. Notwendige 95 Prozent weniger Klimagase bis 2050 werden in keinem Fall mit expandierender Fliegerei konform gehen. Stattdessen sehen wir, dass der Flugbetrieb seit 2000 weit mehr als verdreifacht wurde. Den Fluglärm aufzuteilen ist die gerechtere Lösung.

Man kann nur hoffen, die Berliner zeigen mehrheitlich der Politik die Rote Karte für ihre unerträglichen BER-Pannen. Ob diese wandelnde Baustelle überhaupt bis 2020 in Betrieb geht, weiß freilich niemand. MARKO FERST, Gosen