LeserInnenbriefe
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Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Flugblätter für Willy Brandt

betr.: „Remember September“, taz vom 13. 9. 17

Liebe Kollegin Fischer, Sie haben bei mir schöne Erinnerungen an die erste Berührung mit der Demokratie hervorgerufen. Ich durfte im Auftrag meines Vaters Flugblätter für Willy Brandt in jeden Briefkasten stecken und kam mir dabei ungeheuer wichtig vor. Heute wünsche ich mir manchmal die Kleinbusse zurück, die mit Megafon auf dem Dach die politischen Parolen in jede Siedlungsecke gepustet haben. SABINE HILDEBRANDT, Nienburg

Familienrecht von gestern

betr.: „Mann, Mann, Mann“, taz vom 13. 9. 17

Nur weil die Neoliberalen etwas sagen, muss es nicht falsch sein. Und tatsächlich: Die FDP ist die einzige Partei, die in ihrem Wahlprogramm eine Modernisierung des Familienrechts anstrebt. Alle (!) anderen von links bis rechts scheinen den Status quo beibehalten zu wollen. Aber wollen wir das wirklich? Sollen die Kinder nach einer Trennung zur Mutter, der Vater darf mit den Kleinen ins Kino und soll ansonsten zahlen? Sollen Trennungskinder ohne Vater aufwachsen, Väter ohne Kinder leben?

Einfach mal umschauen: Die meisten Länder in Europa sind mittlerweile auf einem anderen Weg, und auch in Deutschland wird das Wechselmodell kommen. Weil die Forschung weiter ist als unsere Politik, Europa weiter als Deutschland und weil die Väter das nicht mehr mitmachen – übrigens dank der von Frauen erkämpften Gleichberechtigung.

Die FDP hat hier ein Potenzial entdeckt – und wer eine junge Zielgruppe ansprechen will, kann nicht mit dem Familienrecht von gestern kommen. MARKUS LINDEN, Reinbek

Für eine gerechte Rollenverteilung

betr.: „Mann, Mann, Mann“, taz vom 13. 9. 17

Keine Angst, ich werde jetzt weder FDP (noch AFD) wählen, weil diese nun Männer- und Väterdiskriminierung zum Thema machen. Den Artikel von Tanya Falenczyk fand ich hierzu aber wenig hilfreich. Dass Männer und Väter im Umgangsrecht immer noch diskriminiert werden, hab ich persönlich erfahren müssen. Gar nicht davon zu reden, was die meisten Familienrichter*, Jugendamtsmitarbeiter*, oder Kindesbeistände von Genderfragen halten. Als Betroffener muss man hier sehr vorsichtig sein.

Dies hat nichts mit Quoten zu tun, für die ich mich beruflich und privat seit Jahren einsetze. Ich warne davor, Benachteiligungen von Frauen in Beruf und Gesellschaft mit der Rollensituation in der Familie „aufzurechnen“. Vielmehr würde ich mir wünschen, dass Frauenrechtler, Männerrechtler und alles, was sich sozialgeschlechtlich dazwischen bewegt, an einem Strang ziehen und sich für eine gerechtere Rollenverteilung in modernen Familien einsetzen, wobei ich diesen Begriff durchaus weit gefasst sehe. THOMAS HOFFMANN, Perl (Mosel)

Kollateralschaden der Finanzpolitik

betr.: „Hedgefonds stehen bei ,A1 Mobil‘ Schlange“, taz vom 11. 9. 17

Es ist faszinierend, dass der fehlgeschlagene private Betrieb der A1 kein Wahlkampfthema ist. Einer der großen Befürworter von Private-Public-Partnership ist Wolfgang Schäuble. Kritik kommt unter anderem vom Bundesrechnungshof: „Schlechtes Geschäft für die Public-Seite.“

Generelles Risiko: Falls sich die Sache für die Private-Seite nicht rechnet, kann sich diese einfach aus der Affäre ziehen. Entweder durch Bankrott oder wie bei der A1 durch Klagen. Die Zeche zahlt in jedem Fall der Steuerzahler, was anscheinend als Kollateralschaden „moderner“ Finanzpolitik akzeptiert wird.

THOMAS DAMRAU, Böblingen

Schön mit Pulver und Pillen

betr.: „Sie klicken sich schön“, taz vom 6. 9. 17

Dieser Artikel ließ mich einigermaßen ratlos zurück. Das ist eine Parallelwelt, von der ich noch nie gehört habe. Und okay, Schönheit ist relativ, aber wie kann jemand, der sich total gegen den eigenen Typ stylt, der Meinung sein, er müsse anderen sagen, was schön ist? (Frau Brinkmann würde mit ihren natürlich dunklen Haaren vermutlich recht passabel aussehen.) Die „Spokesperson“ hat sich persönlich von gängigen Schönheitsidealen freigemacht (aha!), lebt jedoch so kontrolliert, dass sie irgendwelche Pulver und Pillen nimmt, um eben diesen Idealen zu entsprechen und nicht zu dick zu sein? Man soll ganz man selbst sein, sich aber den Vorstellungen der anderen entsprechend stylen und das geht auch mit Pimkie? Erstaunlich, was für Probleme manche Leute haben, ehrlich! UTA LÖRZER, Jena

In Frieden mit den Tieren leben

betr.: „Selbstentfremdeter ,Genuss‘“, taz vom 13. 9. 17

Es gibt ökologisch denkende Fleischesser, Veganer, denen die Umwelt egal ist, ebenso wie gegensätzliche Konstellationen. Einer meiner Freunde ist Schafzüchter im Bayerischen Wald, ich weiß, dass er in Frieden mit seinen Tieren lebt und seine Weideflächen das Prädikat artenreiche Biotope verdienen. Wenn Hilal Sezgin nun über Kunstfleisch schreibt, klingt das nach Szenarien des Absurden und es ist einfach nicht in Ordnung, ökologische Tierhaltung und Massentierhaltung in einen Topf zu werfen. Ich muss nicht alle Tiere lieben, nein – ich will sie mit Respekt behandelt wissen und ein artgemäßes Leben vor der Schlachtung für sie fordern. In der ökologischen Landwirtschaft ist das möglich. HERBERT GRABE, Donaustauf