Unterm Strich
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Wie die Zeitung Hessische/Niedersächsische Allgemeine (HNA) aus Kassel meldet, wurde eine Insolvenz der documenta 14 (d14) nur abgewendet, weil das Bundesland Hessen und die Kommune Kassel eine Bürgschaft über 7 Millionen Euro für die gemeinnützige Kunstausstellung übernommen haben. Damit sei zunächst gewährleistet, dass der laufende Betrieb bis Ende 2017 gesichert ist. So können etwa Gehälter gezahlt werden. Als die dramatische Schieflage auffiel, gab es Ende August 2017 eine Sondersitzung des Aufsichtsrats. Documenta-Leiter Adam Szymczyk wurde dazu nicht mehr eingeladen. Ein Bankrott der documenta GmbH wurde damals nur abgewendet, weil Bundesland und Stadt als documenta-Gesellschafter Bürgschaften übernahmen. Gleichzeitig waren diverse Gläubiger bereit, sich auf Stundungsvereinbarungen für ausstehende Zahlungen einzulassen. Auf einer zweiten Sondersitzung des Aufsichtsrats kommende Woche sollen Einzelheiten präsentiert und Konsequenzen beraten werden. So scheint es sicher, dass Annette Kulenkampff ihren Job als Geschäftsführerin verlieren wird.

Wo die Euromillionen versickert sind, ist bislang unklar, wird aber geprüft. Am Standort Athen soll weit mehr Geld ausgegeben worden sein, als geplant. Die Besucherzahlen sind bescheiden: Statt einer 20-prozentigen Steigerung wird ein Rückgang um 3 Prozent erwartet. Ein Etat von 37 Millionen Euro für zwei Standorte schien von vornherein verblasen. Offizielle Anfragen wurden abgeblockt. Bis Jahresende beläuft sich das auflaufende Defizit auf 7 Millionen Euro. Zuletzt verdichteten sich die Hinweise, dass die Lage eskaliert ist. Dies ließ sich an Kleinigkeiten erkennen: In der vergangenen Woche wies documenta-Geschäftsführerin Annette Kulenkampff Mitarbeiter an, Merchandising-Produkte den in den Schlangen vor den Ausstellungsgebäuden wartenden Besuchern anzubieten – offensives Marketing, das sich auch als Verzweiflungstat deuten lässt.

Szymczyk erhielt im November 2013 den Auftrag, die künstlerische Leitung der d14 zu übernehmen. Notorisch abwesend tat der Kurator kaum etwas, um mehr Geld für die Weltkunstausstellung einzutreiben. Kulenkampff übernahm 2014 die Geschäftsführung. Die Kunsthistorikerin leitete zuvor die Publikumsabteilung der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn. Immerhin hat sie die finanzielle Lage vor dem Start der d14 thematisiert. Athen sei für sie auch ein Schreck gewesen, hieß es.

Vorsitzender des Aufsichtsrats war bis vor Kurzem Exoberbürgermeister Bertram Hilgen (SPD).Noch im März verkündete Hilgen, es gäbe „keine Hinweise auf Überschreitung des Budgets“. Nun liegt es an seinem NachfolgerChristian Geselleund den anderen Mitgliedern des Gremiums daran, die Schieflage der documenta zu beheben. Die documenta-Pressestelle schlüsselte im März den Etat für die d14 erneut auf. Damals hieß es: Der Wirtschaftsplan laufe über fünf Jahre. In dieser Zeit erhält die documenta und Museum Fridericianum gGmbH 14 Millionen Euro von den beiden Gesellschaftern Kommune Kassel und Land Hessen sowie 4,5 Millionen Euro von der Kulturstiftung des Bunds. Den restlichen Finanzbedarf von 18,5 Millionen Euro, der für die Realisierung der Ausstellung notwendig ist muss die documenta selbst erwirtschaften: durch Verkaufserlöse aus Tickets, Katalogen und Merchandisingprodukten ­sowie über Sponsoring. Sponsoren sind etwa die Sparkassenfinanzstiftung und VW. In Athen wird die documenta vor allem durch das Auswärtige Amt und das Goethe-Institut unterstützt.