LeserInnenbriefe
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Für uns Kinder war es grausam

betr.: „Sehr urban war das nicht“, taz.bremen vom 4. 9. 17

Unsere Familie war nach dem Krieg noch zwangseinquartiert. Das heißt, wir wohnten bei einer anderen Familie, die über die Zwangs-WG nicht besonders glücklich war, und dieses Gefühl, unwillkommener Gast zu sein, kenne ich noch von Kindertagen.

Der Umzug in die Neue Vahr Nord war wie ein Lotteriegewinn:

Eine eigene Wohnung, eigene Toilette und Bad, Zentralheizung (nie mehr Kohlen schleppen) und Müllschlucker (das Smartphone der 60er).

Für uns Kinder war es relativ grausam. Die Sandkästen waren eher Hundeklos als Spielplätze, Rasenflächen durften nicht betreten werden. Es war auch eher braun als grün, weil überall noch gebaut wurde und das Grün erst angelegt war. Die „Abstandsflächen“ waren öde Leere und schon als Kind habe ich mir eine hügelige Gestaltung der Flächen gewünscht, kleine Wälle und Wäldchen, damit man etwas zum Verstecken und das Auge etwas zum Festhalten hat.

Eine der großen Schwächen der Neuen Vahr war, dass man intuitiv gefühlt hat, in einer Planung zu wohnen. Es gab geplante Zentren, hier wird gehandelt, sozial interagiert (hier ist es gemütlich) und Grünanlagen (hier ist es schön). Aber die befohlene Gemütlichkeit kam der gewachsenen nie wirklich nahe.

Heute hat die Überseestadt ähnliche Schwächen. Als Arschlochmagnet brauchbar, für Durchschnittsverdiener, die in gewachsener Struktur mit Bäcker, Supermarkt und Schlachter um die Ecke leben wollen, unmöglich. THOMAS ELIAS, Bremen