Das Ende der Enttäuschungen

Volleyball Im EM-Finale verliert das deutsche Überraschungsteam gegen Favorit Russland knapp

Schwer zu überwinden: die ausbaufähige deutsche Abwehrmauer Foto: dpa

BERLIN taz/dpa | Mehr als zwei Stunden kämpfte das deutsche Volleyballteam im Europameisterschaftsfinale gegen Russland aufopferungsvoll um jeden Ball. Die große Sensation schien am Sonntagabend in Krakau zum Greifen nahe. Erstmals musste der große Favorit in diesem Turnier in Polen einen Satzverlust hinnehmen. Und nach dem zweiten Satzverlust im vierten Durchgang wirkten die Russen mitunter ratlos.

Im Entscheidungssatz lagen die Deutschen sogar mit 5:2 in Führung. Doch erst verzog der überragende Georg Grozer, der insgesamt 27 Punkte erzielte, dann waren die Aufschläge des Olympiasiegers von 2012 beim 2:3 (19:25, 25:20, 22:25, 25:17, 13:15) doch zu stark.

„Im ersten Moment tut’s natürlich weh, aber das ist der Sport. Wir haben eine sensationelle Leistung gezeigt und haben fast eine Herkulesaufgabe bewältigt“, erklärte der stolze Verbandschef Thomas Krohne.

„Es war ein unglaubliches Finale“, sagte Nationaltrainer Andrea Giani. In gerade einmal sieben Monaten führte die italienische Volleyball-Legende Deutschland zu einer aggressiveren Spielweise und dann zur erst vierten Medaille in der Geschichte der rasanten Sportart. Vor dem Gewinn von WM-Bronze vor drei Jahren in Polen war die DDR mit dem WM-Titel 1970 und Olympia-Silber 1972 vor mehr als 45 Jahren erfolgreich gewesen.

Und dieser beeindruckende Erfolg gelang den Deutschen nach einem Sommer voller Enttäuschungen mit der verpasster Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2018 in Italien und Bulgarien und dem gescheiterten Aufstieg in der Weltliga. „Wir haben an unserem Konzept festgehalten“, hob Ruhepol Giani hervor und formulierte ein vor fünf Wochen noch weltfremd klingendes Ziel: „Das nächste Mal versuchen wir, Gold zu holen.“

„Wir haben an unserem Konzept festgehalten“

Trainer Andrea Giani

Mit Diagonalangreifer Grozer, Mittelblocker Marcus Böhme und Außenangreifer Denis Kaliberda wurden gleich drei Deutsche in die Mannschaft des Turniers gewählt. Mit sieben EM-Debütanten, darunter der erst 18-jährige Mittelblockentdeckung Tobias Krick, hat Giani die Grundlage für weitere Erfolge geschaffen. „Der Weg geht hoch“, konstatierte Kapitän Lukas Kampa. „Es greifen Mechanismen, die vor fünf Wochen noch nicht gegriffen haben.“

Sechs Spiele in zehn Tagen ließen die Deutschen am Ende aber auch etwas entkräftet zurück. „Jetzt, wo ich die Medaille um meinen Hals habe, bin ich unglaublich stolz“, sagte Grozer, der das „riesengroße Herz“ des Teams lobte und auf eine „faszinierende Zeit“ in Polen zurückblickte. Grozer befand: „Die Mannschaft hat ein hohes Potenzial für die Zukunft.“