Wortwechsel
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Merkel ist nicht Che Guevara

Kanzlerin-Interview Große Enttäuschung, herbe Kritik – Merkel in der taz ist Platzverschwendung! Jetzt schafft sie auch noch die Warlords in Libyen

Sie kann schwarz, gelb, rot, grau. Hat sie jetzt sogar die taz becirct? Foto: Anja Weber

Merkels Warlords

betr.: „Ja, dies ist mein Land“,taz vom 29. 8. 17

wir schaffen das, version 2017:

was dem herrn trump seine mauer ist, sind der frau dr. merkel die libyschen warlords! hoffentlich kommt die message in mittelamerika und in westafrika auch an: bleibt besser zu hause!

ps: in australien ist in den letzten drei jahren nicht ein einziges flüchtlingsboot auch nur in die nähe des ufers gekommen.

EBERHARD B. PLÜMPE, Bremen

Sedierung

betr.: „Ja, dies ist mein Land“,taz vom 29. 8. 17

Na endlich. Es ist vollbracht! Ein taz-Interview mit Frau Merkel. Es passt in die aktuelle politische Landschaft: unspektakulär, eindimensional, etwas sedierend, ohne wirkliche Höhen und Tiefen. Wie das politische Berlin eben ist. Was schließe ich daraus? Ich wähle demnächst die ökonomisch-ökologisch-soziale Alternative (CDU), Herr Löwisch wird Redakteur bei Welt, Frau Maier schreibt in der Feuilletonsparte bei der Zeit, und ich verkaufe meine Genossenschaftsanteile an der taz. Bravo! WOLFGANG SIEDLER, Berlin

Plauderstündchen

betr.: „Ja, dies ist mein Land“,taz vom 29. 8. 17

Was war das denn? Drei Seiten Plauderstündchen mit der Kanzlerin. Smalltalk zur Herkunft und ob sie sich nun ein bisschen links fühle, christlich-sozial oder was für ein „sozial“ auch immer. Als wenn das nicht genug sei, folgt dieses unsägliche Gerede über (inzwischen verschüttete) grüne Wurzeln und Ratschläge an die grüne Partei.

Gibt es denn wirklich keine wichtigeren Themen vor dieser Bundestagswahl für kritische Journalist*innen? Ende der Kohle 2030 oder wann? Einerseits ein Klimaschutzabkommen unterzeichnen und sich dafür feiern lassen, andererseits zu Hause nichts dafür tun und die eigenen Ziele verfehlen? Ende des Verbrennungsmotors und der direkte Draht zwischen Kanzleramt und Autoindustrie? Massentierhaltung, Nitratbelastung, Bienensterben und bis heute trotz EU-Druck noch keine sinnvolle Düngemittelverordnung? Milliarden für die Grenzsicherung in Afrika auch an Diktaturen, die auch noch an europäische und deutsche Firmen zurückfließen, bei gleichzeitiger Unterfinanzierung der UN-Hilfsprogramme? Schutzmann-Paragraf und Kriminalisierung von Demonstranten? Verteilungsgerechtigkeit und Kinderarmut? Und wo war das Nachhaken zu den Allgemeinplätzen der Kanzlerin, die Konfrontation mit der harten Wirklichkeit, Zahlen und Fakten? Es tut mir leid, aber derartige Merkel-Interviews könnt ihr euch auch künftig sparen.

MARKUS STEUERNAGEL, Frankfurt

Die Puddingkurve

betr.: „Ja, dies ist mein Land“,taz vom 29. 8. 17

Als ich euer Interview las (und die Nachrichtenausschnitte der Pressekonferenz im Fernsehen sah), dachte ich an einen alten hessischen Spruch:

Do gibbt’s amol nix, do sinn mer hard wie Pudding in der Kurv.

Mein Mitgefühl ist ganz bei euch Journalisten:

Wie nur soll man Pudding an die Wand nageln?

Und ein wenig Mitgefühl auch mit Martin Schulz ob seines Dilemmas:

Pudding gegen Pudding?

Wird er verlieren.

Kante zeigen gegen den Pudding?

Traut er sich das bei einer Wählerschaft, die so gerne Pudding schlürft?

BERNHARD MÜNK, Freiburg

Oh Mann, Angela!

betr.: „Ja, dies ist mein Land“,taz vom 29. 8. 17

Mit der Aufdeckung der CDU-Spendenaffäre vor zirka 17 Jahren wurde der Grundstein für Merkels starke Stellung in ihrer Partei gelegt.

Ihre Wahl zur ersten Bundeskanzlerin im Jahr 2005 sollte ein starkes Signal an die Frauen aussenden, aber auch an viele Männer. Sie hat die Hoffnung vieler Menschen auf eine Abkehr des bis dahin hauptsächlich männerdominierten Politikstils in der Bundesregierung jedoch enttäuscht.

Nach zwölf Jahren Kanzlerschaft Merkels bleibt für viele die ernüchternde Erkenntnis, dass man für ein patriarchales Politikverständnis kein Mann sein muss. Selbstherrlichkeit ist nämlich nicht ans Geschlecht gebunden. Von einer irgendwie besseren, weiblichen Politik ist nichts übrig geblieben. Merkel scheut die offene Auseinandersetzung, die Macht ist ihr zum Selbstzweck geworden, und sie klammert sich an das Amt wie jeder Mann vor ihr.

ALFRED KASTNER, Weiden

Werbung für CDU

betr.: „Ja, dies ist mein Land“,taz vom 29. 8. 17

Bravo, liebe taz-Redaktion, das nenne ich eine erfolgreiche und gut platzierte Wahlwerbung für Frau Merkel und ihre CDU: Die Titelseite mit ihrem fast formatfüllenden Porträtfoto und drei (!) weitere Seiten Interview + Interview-Historie – von zwei Info-Kästen und etwas Eigenwerbung noch ganz abgesehen – das ist Spitze! Erst auf Seite 6 kommt dann auch SPD-Kanzlerkandidat Schulz in einem entsprechenden Artikel ins Bild – aber wie!

FRIEDRICH HELM, Hamburg

Genossin Merkel?

betr.: „Ja, dies ist mein Land“, taz vom 29. 8. 17

Diese Ausgabe der taz empfinde ich als Zumutung. Auf der Titelseite ein ganzseitiges, schön gefärbtes Bild von Merkel und dann mehrere Seiten Interview mit braven Fragen. Jetzt zahle ich auch noch über mein taz-Abonnement und meinen Genossenschaftsanteil für Merkel. In derselben Ausgabe dann wieder ein spöttisches Bild zu Schulz („Schulz’ faustischer Pakt gescheitert“). Merkel, die die deutsche Diesel- und Kohleindustrie schützt, wo sie nur kann, stellt für Sie offenbar kein Problem dar. Schulz und die SPD dagegen sind für alles Schlechte verantwortlich. Was mich im Übrigen auch in den letzten Monaten sehr gestört hat, war Ihre ständige negative Berichterstattung über die evangelische Kirche und das Reformationsjubiläum. Ich kenne aber keine Institution, die sich so sehr für soziale Zwecke, Minderheiten und Flüchtlinge sowie Menschenrechte einsetzt wie diese Kirche.

Meinen Genossenschaftsanteil kann dann jetzt doch Merkel übernehmen. MARKUS TREU, Berlin

Stolz wie Bolle

betr.: „Ja, dies ist mein Land“,

taz vom 29. 8. 17

Endlich ein Interview mit der Bundeskanzlerin! Die taz-Redaktion ist darüber so stolz, dass sie laue und ausweichende Antworten von Frau Merkel durchgehen lässt. Die drei Seiten sind Platzverschwendung! ECKARD DÜRR, Neuendettelsau

Selbstherrlich

betr.: „Ja, dies ist mein Land“,

taz vom 29. 8. 17

Hallo, die taz als Kanzlerin-Wahlverein – war das die Absicht? Dann ist das zweifellos und nachlesbar gelungen. Aber hat Journalismus, zumindest hierzulande, nicht eine andere Aufgabe?

Ein Interview mit dieser Selbstherrlichkeit von Angela Merkel nach allem, was geschehen ist in ihrer Zeit und dann auch noch vier Wochen vor der Wahl, zu der sie abgewählt werden muss? Ihr hättet Augstein mit dazunehmen sollen.

GERHARD MÜHLHAUSEN, Berlin