LeserInnenbriefe
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Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Nudeln ohne Mafia

betr.: „Die graue Zone“, taz vom 15. 8. 17

Sehr geehrte taz, vor Kurzem habe ich beim „Übermorgen-Markt“ in Stuttgart besondere Pasta entdeckt: Caserecce – il giusto del grano (biologico). Das Besondere: Es ist ein hochwertiges Produkt von befreitem Mafialand! Der Vertrieb läuft über das Fair-Handelszentrum Rheinland. Die Sozialkooperativen von „Libera Terra“ bewirtschaften konfiszierte Ländereien, die im Besitz der Mafia waren. „Unsere Produkte sind mehr als nur Lebensmittel. Sie sind ein Zeichen des Widerstands gegen die Macht der Mafia.“ (Pater Luigi Ciotti, Gründer von „Libera“) Feinkost, Pasta und Weine von befreitem Mafialand sind in Deutschland lieferbar über www.legalundlecker.de. MARLIES BEITZ, Stuttgart

Stilmittel einer absurden Realität

betr.: „Ungeborenes töten, so normal“, Leserbrief vom 16. 8. 17

Sehr geehrte Frau Pütz, in Ihrem Leserbrief zu „Schuld und Sühne“ von Tigran Petrosyan unterstellen Sie dem Autor seelenlose Einseitigkeit. Dabei haben Sie übersehen (wollen?), dass die wertungslose, kalte Beschreibung einer absurden Realität ein Stilmittel ist und keine Parteilichkeit, die Sie – so scheint es – an dem Geschlecht des Autors ausmachen möchten. Ich möchte Sie aufrufen, sich den Artikel noch einmal unvoreingenommen durchzulesen. JAN BECHMANN, Aurich

Sogar jeder Mann hat eine Mutter

betr.: „Die Brauerinnen“, taz vom 15. 8. 17

Eine Bierbrauerin – und die baffen Männer? Geht es euch um diese Frau – oder geht es euch um Männer? Auch wenn Ihr es nicht glaubt: Jungs und Männer leben mit Mädchen und Frauen zusammen. Sie kennen Frauen als Kindergärtnerin, Bademeisterin, Zahnärztin, Busfahrerin, Bäckersfrau, Pfarrerin, Lehrerin, Schaffnerin, Polizistin, Hausmeisterin, Traktorfahrerin, Bürgermeisterin – und selbst ihre Mütter sind Frauen. Sie wissen, dass denen alles zuzutrauen ist. Obwohl … THOMAS MOSER, Berlin

Es gibt Telefone in Gaza …

betr.: „Ist das die Wahrheit über Gaza“, taz vom 15. 8. 17

Mit der Überschrift des Artikels wird unterstellt, dass der 15-minütige Film den Anspruch erhebt, die „Wahrheit über Gaza“ darzustellen, was nicht zutrifft. Nun liegt Gaza aber auch nicht auf der dunklen Seite des Mondes, sodass wir darauf angewiesen ­wären, dass uns jemand die Wahrheit darüber berichtet. Viele, auch hierzulande, haben Freunde und Verwandte aus dem Gazastreifen und waren sogar selbst schon mal dort – auch Telefon und Internet gibt es in Gaza! Es nützt aber nichts, so zu tun, als wäre alles bestens in Gaza – trotz der mehr als zehn Jahre andauernden völkerrechtswidrigen Blockade und trotz des fehlenden Wiederaufbaus nach den verheerenden israelischen Bombardierungen 2014 – weil es dort doch immerhin ein paar Parks gibt. Am Schluss ist es immer bequem, den Arte-Redakteuren beweislos zu unterstellen, dass sie unbemerkt antisemitische Denkmuster verinnerlicht haben, obwohl eines ihrer Kriterien, den Film der Autorin Anne Paq zu zeigen, war, dass deren Arbeiten auch über die UNO und in der israelischen Zeitung Ha’aretz veröffentlicht wurden. MANUELA KUNKEL, Stuttgart

Industriemensch? Kein Demokrat

betr.: „Protestbündnis – aber subito!“, taz vom 15. 8. 17

Lieber Peter Grottian, dein Artikel in der heutigen taz ist ja ganz nett – aber ich denke, dass du diese Thematik viel zu oberflächlich behandelst. Rudolf Walther hat in der taz in der gleichen Rubrik vor ein paar Wochen sehr viel deutlicher Klartext gesprochen: Beim Auto – nicht nur dessen Antrieb – handelt es sich um eine im wahrsten Sinn des Wortes fossile Technologie, eine technische Sackgasse, die wir so schnell wie möglich verlassen sollten. Dein Artikel unterschätzt aber auch die Fetischisierung des Autos: Man kauft PS-Monster, weil man damit offenbar immer noch angeben kann. Die Zahlen, die du nennst – schlechte Schulnoten, 24 Prozent wollen keinen VW mehr – lassen fragen, was mit den übrigen 76 Prozent ist. Ob die 24 Prozent dann auf andere Marken umsteigen? Und ob die 24 Prozent nur sauer sind, weil ihre Karre mehr verbraucht als versprochen?

Der Ruf nach Forderungen, damit die „Hütte“, die brennt, besser gelöscht wird als bisher, lässt fragen, was das Ziel des Löscheinsatzes sein soll: Die Autoindustrie und deren Arbeitsplätze retten? Weniger SUVs? Sie auf den richtigen Pfad führen, also ­E-Autos? Letztere sind ja eine große „grüne Lüge“ (Schmidt-Bleek). Besser aber: klar machen, dass es ökologische „Leitplanken“ gibt, die es nicht (mehr) erlauben, für unsere Kinder und Enkel die Lebensgrundlagen weiter zu zerstören. Dass die unglaubliche Subventionierung des Autos sofort eingestellt wird. Schließlich: Man kann am Autoskandal sehr schön zeigen, wie kapitalistische „Gesetzmäßigkeiten“ schnurstracks in die offen zur Schau getragene, mittlerweile immer selbstverständlicher gesellschaftlich geduldete Kriminalität führen. Es kann einem doch keiner erzählen, dass die Gewerkschafter nichts mitbekommen haben von den Machenschaften ihrer Management- und Ingenieurskollegen! Diese Kriminalität wird von der Politik als „lässliche Sünde“ gehandelt, wenn sie nur Wachstum und Profit bringt.

Insofern muss man auch fragen: Ist die Mentalität der „Indus­triemenschen“, die mit ihrer „imperialen Lebensweise“ (Brand/Wissen) „gut und gerne leben“ (CDU-Wahlplakat), noch demokratiefähig? Dass es der Kapitalismus nicht ist, wissen wir schon lange. WOLFGANG NEEF, Berlin