Abschiebung humaner

Die Verschiebung von Abschiebeflügen soll verhindern, dass Flüchtlinge in der Nacht abgeholt werden

Nächtliche Abschiebungen wird es – aus dem Hochsauerlandkreis zumindest – nur noch in absoluten Ausnahmefällen geben. Das ist Ergebnis eines Gesprächs zwischen Kreisdirektor Winfried Stork und Superintendent Lothar Kuschnik vom Kirchenkreis Arnsberg – einer der heftigsten Kritiker der Flüchtlingspolitik in seiner Region. „Wir sind mit dem Ergebnis zufrieden“, sagt Kuschnik zur taz. Das dreieinhalbstündige Gespräch habe sich „sehr gelohnt“. Das Land habe dem Kreisdirektor außerdem zugesagt, die Sammelflüge ein paar Stunden nach hinten zu verschieben.

Seit zwei Monaten war das Verhältnis zwischen der Kreisverwaltung und der Evangelischen Kirche angespannt: Im Juli war der Superintendent mit der Abschiebepraxis des Hochsauerlandkreises hart ins Gericht gegangen, sie erinnere ihn an „faschistische Methoden“. Auslöser der harschen Kritik war der Versuch der Ausländerbehörde, in der Nacht eine kurdische Familie aus Brilon abzuschieben. Der 31-jährige Familienvater war aus Panik von seinem Balkon geklettert und vier Meter in die Tiefe gestürzt.

In diesem Zusammenhang hatte Pastor Kuschnik angekündigt, die Praktiken der Ausländerämter in den nordrhein-westfälischen Kreisen zu vergleichen. „Wir haben das versucht, uns fehlen aber detaillierte Informationen“, bedauert er. Bei seiner Recherche habe sich aber abgezeichnet, dass der Hochsauerlandkreis besonders hart gegen Flüchtlinge vorgehe. „In anderen Kreisen sind die Abschiebehindernisse höher“, sagt Kuschnik.

Der Flüchtlingsrat NRW berichtet vermehrt im Jahr 2005 von nächtlichen Sammelabschiebungen aus allen Teilen NRWs. So waren zum Beispiel zeitgleich mit der sauerländischen Flüchtlingsfamilie 70 weitere Menschen im Land in der Nacht abgeholt und zum Flughafen transportiert worden.

NATALIE WIESMANN