LeserInnenbriefe
:

taz.die tageszeitung | Rudi-Dutschke-Str. 23 | 10969 Berlin

briefe@taz.de | www.taz.de/Zeitung

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von Leserbriefen vor.

Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Nachlesen bei Walther Rathenau

betr.: „Das Kartell wird uns erpressen“, taz vom 25. 7. 17

Einer der führenden Männer in der Konzentrationsphase der modernen deutschen Industrie war Walther Rathenau. Er erreichte, dass Siemens und AEG als Duopol die deutsche Elek­troindustrie beherrschten, und begann sich mit der Gründung eines „Elektrobundes“ zu beschäftigen, also eines Monopols in diesem rasch an Bedeutung gewinnenden Industriezweig.

Rathenau suchte aber gleichzeitig nach einer gemischtwirtschaftlichen Organisationsform zur bestmöglichen Rationalisierung der Elektroindustrie. Seine Idee war die Kontrolle der großen Kapitalgesellschaften durch die Einführung planwirtschaftlicher Elemente bei den Investitionen und in der Beeinflussung der Produktionsstruktur, aber auch bei der Verteilung des Produktionsergebnisses. Hierdurch wollte er die sozialen Missstände sowie die Verschwendung von menschlicher Arbeit und Rohstoffen vermeiden.

In den September 2017 fällt der 150. Geburtstag von Walther Rathenau. Das könnte doch ein Anlass sein, bei ihm nachzulesen, ob sich in seinem Denken nicht praktikable Ansätze finden, mit denen der Erpressung unserer Gesellschaft durch die Autoindustrie allein durch ihre Größe und mit der Drohung des Verlustes von Arbeitsplätzen entgegengewirkt werden kann.

BERND SCHÜNGEL, Berlin

The nuclear British way

betr.: „Weltmeister im Abstiegskampf“, taz vom 24. 7. 17

Dieser Artikel zu Großbritannien verwundert mich. Der „British way“ im Klimaschutz beruht stark auf der Nutzung von Atomenergie. Das senkt zwar den CO2-Ausstoß, ist aber keineswegs Ökoenergie – wie wir aus der deutschen Debatte und unseren Bemühungen um einen Atomausstieg doch wissen.

GABRIELE KÖHLER, München

Intellektuelle Unterwerfung

betr.: „Radikales neu sprechen lernen“, taz vom 26. 7. 17

Vielen Dank für den wunderbaren Kommentar von Charlotte Wiedemann. Ihren klugen Worten ist nichts hinzuzufügen außer der stillen Hoffnung, dass die Proteste und Erfahrungen von Hamburg Wirkung zeitigen. Sie können vielleicht dazu beitragen, dass die intellektuelle Unterwerfung unter die herrschenden Verhältnisse bei möglichst vielen Menschen beendet, verlangsamt oder umgedreht wird. Auch und insbesondere in der Redaktion der taz. Zu besprechen gäbe es ja genug. Die Alternative kann man in der sprachlosen völligen Unterwerfung der Hamburger Grünen beobachten. RALF ALBERS, Hamburg

Tempolimit auf Autobahnen

betr.: „Frische Luft für freie Bürger“, taz vom 25. 7. 17

Mich wundert, dass ein Tempolimit auf Autobahnen seit Jahren in der Diskussion nicht mehr vorkommt. Das hat nichts mit der Stadtluft zu tun? Indirekt schon.

Bisher war die Argumentation: „Wir brauchen die Autobahnen als großes Demo-Center für ausländische Kunden, um zu zeigen, dass ein deutscher Kleinlaster (vulgo SUV) Tempo 250 km/h fahren kann.“ Folglich haben sich die Ingenieurabteilungen der Autokonzerne auf die Ziele „schnell, schwer, schwarz“ konzentriert. Wenn ein Tempolimit „schnell“ als Ziel uninteressant macht, könnte „umweltfreundlich“ als Ziel nachrücken.

THOMAS DAMRAU, Böblingen

So wird das was mit Kanzler

betr.: „Schulz’ Flucht nach vorn“, taz vom 25. 7. 17

Mann, Genosse Schulz, hör’n Se doch ma uff mit dieser unerträglichen Rumeierei! So wird das nix mit Kanzler. Als (angeblich) gestandener Sozialdemokrat sollten Sie’s stattdessen ordentlich krachen lassen.

Ich hab da mal ein paar Anregungen:

1. Unumwunden zugeben, dass die Agenda 2010 ein Riesenfehler war. Wir werden diesen Fehler umgehend korrigieren!

2. Wir werden diejenigen ordentlich zur Kasse bitten, die am meisten von dieser Gesellschaft profitieren. Sie sollen endlich ihren angemessenen Beitrag leisten! Ab 100.000 Euro Jahreseinkommen wird exponentiell besteuert (je höher das Einkommen, desto höher die Steuer). Steuerflucht werden wir beenden. Wir werden eine echte Transaktionsteuer einführen.

3. Wir werden einen auskömmlichen Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde sowie die Mindestrente von 1.500 Euro einführen!

4. Unser Etatposten für Schulpolitik wird höher sein als der für Verteidigung (Militär)!

5. Wir werden bezahlbare Wohnungen bauen und in den Kommunen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr einführen!

6. Wir werden für eine deutliche Gehaltserhöhung bei Erzieherinnen, Alten- und Krankenpflegern sorgen!

7. Wir werden die Kungeleien zwischen Politik und Industrie beenden!

8. Waffenexporte werden kategorisch verboten!

9. Die Bundeswehr wird – wie im Grundgesetz festgeschrieben – nur noch zur Landesverteidigung eingesetzt. Derzeitige Auslands­einsätze werden schnellstmöglich beendet!

10. Zusammengefasst: Wir werden Deutschland, weg vom neoliberalen Wirtschaftskurs, wieder zu einem Wohlfahrtsstaat machen!

So in etwa, Genosse Schulz, könnte ein Wahlprogramm aussehen, das einer SPD würdig wäre und für das es sich zu kämpfen lohnt. HARALD SEILING, Lünen