Streit um Jugendarrest

DEBATTE Hilft Einsperren bei Schulschwänzern? Schulleitungen wollen sich „nur absichern“

Die Grundbuchhalle des Ziviljustizgebäudes war am Dienstagabend bis auf den letzten Platz besetzt, als Richtervereine zur Diskussion über den Jugendarrest für Schulschwänzer einluden. Das Fazit: Juristisch und fachlich ist die derzeitige Praxis der Schulbehörde hoch umstritten.

Seit 2009 können Schüler ab 14 Jahren fürs Schwänzen mit 75 Euro Bußgeld bestraft werden. Zahlen sie das nicht, geht die Sache vor den Jugendrichter, der als letzte Sanktionsstufe bis zu eine Woche Jugendarrest auf Hahnöfersand verhängt. Thorsten Schmidt war dort bis 2011 Leiter und sagt, er hätte nie gedacht, dass so etwas in Hamburg möglich würde. Die meisten Arrestanten seien Berufsschüler in schulischen Warteschleifen ohne konkrete Abschlussperspektive. „Raten Sie mal, wie alt die 2010 im Durchschnitt waren“, fragte er. „17,9 Jahre.“ Kurz darauf, mit dem 18. Geburtstag, endet die Schulpflicht ohnehin.

Im Arrest werde mit den Jugendlichen pädagogisch gearbeitet, berichtet der jetzige Leiter David Heldmann. Es gebe Lern- und Entspannungstraining; man versuche, wieder eine Anbindung an die Schule zu organisieren. Doch Zahlen, wie viele der über hundert Ex-Arrestanten wieder zur Schule gingen, gibt es nicht. Die Sache gehöre untersucht, mahnte der Kriminologe Peter Wetzels. Der Eingriff in die Freiheitsrechte der Kinder sei sonst „schwerlich zu legitimieren“. Ohnehin fehle in Hamburg ein Landesgesetz, das den Jugendarrest regelt und Qualitätsstandards setzt.

Auch die Höhe des Bußgelds, das die Schüler in den Arrest bringt, ist strittig. Bei Erwachsenen, die nur Taschengeld haben, „könnte eine Erzwingungshaft gar nicht angeordnet werden“, sagte der Jugendrichter Joachim Katz. Der Wandsbeker Richter Niels Focken räumte offen ein, dass das Bußgeld nur Hilfsmittel ist, als letzte Konsequenz sei auch der Arrest richtig.

Das sahen Schulleiter anders. Im Kollegium glaube keiner, dass der Jugendarrest nütze, sagte ein Berufsschulleiter, der bislang 45 Bußgelder beantragte. „Wir tun es nur, um uns abzusichern, falls der Jugendliche etwas anstellt“, ergänzte seine Kollegin. „Nicht weil wir denken, dass es dem Jugendlichen hilft.“ KAJ