Wortwechsel
:

die tageszeitung | Rudi-Dutschke-Straße 23 | 10969 Berlin | briefe@taz.de | www.taz.de/zeitung

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor.

Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.

Wir sind dann mal alle weg

Billigtourismus Böser Massentourismus auf Mallorca? Airbnb-Touris helfen den Spaniern, ihre explodierenden Mieten zu bezahlen? Gut? Oder geizig?

Endlich Meer! Nackte Freude oder nacktes Grauen? Foto: ap

Malle mit Rad

betr.: „Mallorca geht baden“, taz vom 16. 8. 17

begeisterung! hoffnung! euphorie! dass ich so eine titelseite – samt dem zugehörigen kommentar von gereon asmuth – noch mal sehen und lesen darf. dabei hab ich die rasse „stadtjacke“ doch schon aufgegeben: sie hat ein zu kleines selbstbewusstsein und traut sich nur in der gruppe glücklich zu sein. (dieses gruppengefühl muss allerdings diffus genug sein, um auch noch individualität mit unter den hut zu bringen. was diese selbstbelügung betrifft, sind „stadtjacken“ meister.) parasitäre lebensweise und anpassungsfähigkeit gegen null – eine woche ohne strom würde jede stadt ins chaos stürzen. nicht nur physisch! einen hinweis kann ich mir nicht verkneifen: es gibt fixies. und mit so einem fahrrad kann man auch in den urlaub fahren! das geht! klar, nach malle brauch ich zeit und motivation, die sich aber nach meinen erfahrungen von selbst einstellt. und das ist auch gut so. da merkt man dann nämlich, dass malle weit weg ist und dass das alles so seinen preis hat. gruss vom dorf – sächsisches!

BORIS KRUMM, Hopfgarten

Nachhaltig dämlich

betr.: „Mallorca geht baden“, taz vom 16. 8. 17

Hallo liebe taz, auch ich nehme die Gastfreundschaft auf Mallorca an, übrigens auch auf Baltrum, Rügen oder in Südtirol. Auch ich finde Massentourismus schrecklich und bin doch Teil davon – ob sanft oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Aber ich registriere in den letzten Jahren: Wo Investoren Geld „parken“, gibt es Einheimische, die sich dabei dumm und dämlich verdienen. Beispiel: Eigentumswohnung in Muro/Mallorca. 2.750 Euro pro Quadratmeter. Altbestand, wohlgemerkt. Wo immer ein „Touristenhype“ entsteht, stehen auch die Ortsansässigen, die verdienen wollen. Privatquartiere, Mietwagen, Seilbahnen, Fressmeilen etc. – alles für die Touri-Kohle. Die Gier ist dabei manchmal grenzenlos, was an der Preisentwicklung sehr schön nachgewiesen werden kann. Das große Erschrecken kommt dann, wenn der Kuchen anders als geplant verteilt wird. Dann ist es a) meist zum Gegensteuern zu spät und b) wird dann der Schuldige gesucht. Zum Beispiel der Tourist. Das ist nicht fair, sondern zeigt die nachhaltige Dämlichkeit der Verantwortlichen vor Ort.

WOLFGANG SIEDLER, Berlin

Flieger retten

betr.: „Air Berlin fliegt trotz ­Absturz“, taz vom 16. 8. 17

Bundesregierung will Air Berlin retten? Kann man ja auch nicht mit einem Land, gar mit dem der Griechen vergleichen ... oder doch? Die Proportionen sind nicht vergleichbar, aber Insolvenzursachen schon. JEAN BOLLENDORF, Pratz

Volksaufstand?

betr.: „Mallorca geht baden“,

taz vom 16. 8. 17

Wann, wenn nicht jetzt, wäre Gelegenheit über Nachhaltigkeit beim Fliegen und beim Tourismus zu diskutieren? Schon lange haben Billigflugschmarotzer wie Ryanair oder Easyjet, die sich bei Löhnen und Sozialabgaben zurückhalten und unbesteuert unseren Luftraum verpesten, den Mitarbeitern der etablierten Fluggesellschaften das Wasser abgegraben.

Ob Flugverkehr, Mieten einfacher Leute in den Städten oder Urlaubsgebieten oder die Verpestung der Luft durch staatlich geförderte Dieselkarossen, überall gilt: Lieber nicht ansprechen, es ist Wahlkampf, und da sollen unsere Wähler nicht verunsichert werden. Wo es keine Partei mehr gibt, die hier Lösungen anbietet, bleibt wohl möglich nur der Volksaufstand.

DIETMAR RAUTER, Kronshagen

Steuern verbraten

betr.: „Air Berlin fliegt trotz ­Absturz“, taz vom 16. 8. 17

Ich finde es doch sehr bedauerlich, wie unkritisch begrüßt wird, dass die Bundesregierung zur Rettung von Unternehmen Steuergelder verbrät.

Die Bundesregierung lässt sich zu einem wohl sehr bedacht ausgesuchten Moment vor den Wahlen möglichst viel Geld aus den Rippen leiern – und alle reden nur darüber, wie wichtig es ist, dass die Hedonisten im Land des vorherrschenden Konsumerismus sicher wieder nach Hause kommen.

Was ist das denn für ein Signal für andere Unternehmen, mit ähnlicher Philosophie, wenn ihnen in der heißesten Zeit nach wohl erfolgter Misswirtschaft letztendlich doch der Arsch gerettet wird?

Und ob die Arbeitsplätze darüber langfristig erhalten bleiben, wird doch noch lange unklar sein.

VERIANA THEUS, Bielefeld

Weit weg von hier!

betr.: „Ich, der Tourist, bin schuld!“, taz vom 16. 8. 17

Schon erschreckend, wie selbstverständlich Urlaub im Sinne von „schnell mal weit weg reisen“ geworden ist – so wie Chips essen oder mit dem Auto morgens zum Bäcker fahren. Bestenfalls fühlt man sich ein wenig schlecht. Damit ist alles gut, und ähnelt doch sehr der katholischen Moral: Beichtstuhl und weiter so! Gepaart mit der Forderung einer staatlichen Regulierung wird das Ganze richtig absurd. Wie gut, dass ich nicht genug Geld zum Urlaub machen habe, und wenn ich wegfahre, dann sicher nicht via Airbnb. Das machen in meinem Umfeld aber gerade die, die auch anders unterkommen könnten. Alle sagen beschämt, dass sie via Airbnb gebucht haben. Super, liebe Mittelschicht Grünen, genau das macht euch so unglaubwürdig.

HANNE auf taz.de

Armes Spanien

betr.: „Ich, der Tourist, bin schuld!“, taz vom 16. 8. 17

Ja, solange in Spanien Lohndumping betrieben wird (700 € Mindestlohn), damit das Bier im Ballermann nicht zu teuer kommt, und die Mieten unbezahlbar bleiben, die Arbeitslosigkeit bei 16 Prozent liegt, das Wohngeld mit einjähriger Verspätung ausgezahlt wird – so lange werden Zimmer an Touristen schwarz über Internetplattformen vermietet. Ada Colau, die Bürgermeisterin von Barcelona, hat gut reden – was hat sie denn für die Menschen gemacht, die ihre Miete nicht mehr bezahlen können?

JÖRG ENGELHARDT auf taz.de

Geld allein?

betr.: „Ich, der Tourist, bin schuld!“, taz vom 16. 8. 17

Hohe Flugbenzinsteuer? Damit Reisen wieder ein Privileg der Reichen wird? MR KLARTEXT auf taz.de

Dekadenz

betr.: „Ich, der Tourist, bin schuld!“, taz vom 16. 8. 17

Noch besser als die Regelung über den Benzinpreis wäre ein persönliches Klimagas-Lebenskonto mit demselben Grundbetrag für jeden Menschen. „Reich sein“ heißt nicht, das Recht zu besitzen, beliebig viel kaputtzumachen! Diese Form der Dekadenz sollte egalitär gehandhabt werden.

HANNIBAL CORPSE auf taz.de

Gefunden

betr.: „Ich, der Tourist, bin schuld!“, taz vom 16. 8. 17

„Der Tourist zerstört, was er sucht, indem er es findet“ (Hans Magnus Enzensberger). Völkerverbindendes Reisen ist wichtig, aber die ökologischen und sozialen Folgen müssen eingepreist werden.

ADAM SMITH62 auf taz.de