Wortwechsel
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Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.

Ätsch, bätsch, verarscht!

DIESELGATE Viele taz-LeserInnen fühlen sich von Politik und Autoindustrie betrogen und fordern langfristig tragfähige Lösungen wie Elektroautos

Aufgeladen statt vollgetankt: das Elektromobil, Auto der Zukunft? Foto: ap

Mafiöse Strukturen

betr.: Schwerpunkt „Dieselgipfel“, taz vom 3. 8. 17

Führende Politiker in Deutschland verhandeln mit mutmaßlichen Betrügern – verantwortlich für Milliardenverluste der Unternehmen, die sie leiten, verantwortlich für finanzielle Einbußen ihrer Kunden sowie verantwortlich für kaum kalkulierbare Gesundheitsschäden von Menschen in Ballungsgebieten. Schon das ist skandalös.

Mit Hinweis auf gefährdete Arbeitsplätze gelingt es, die Bedingungen zu diktieren, nach denen sich die Mobilität in Deutschland entwickeln soll. Mafiöse Strukturen scheinen so demokratische Verhältnisse zu unterwandern.

Erfreulich ist, dass das Verhandlungsergebnis des Dieselgipfels in den meisten Medien kritisch kommentiert wird: Beispiele für saubere Diesel-Pkws werden genannt und nützliche Katalysatorzusätze erläutert. Betrügerisch erwirtschaftete Gewinne sollten dazu verwendet werden, angerichtete Schäden auszugleichen. Parteien, die vorschlagen, Steuergelder dafür einzusetzen, sind nicht wählbar.DIETRICH JAHN, Hannover

Lobbyherz

betr.: Schwerpunkt „Dieselgipfel“, taz vom 3. 8. 17

Der Dieselgipfel in Berlin war ja wohl eine ausgemachte Posse. Wie erwartet sind die Bundesregierung mit ihren Ministern und die Landesfürsten vor der versammelten Autoindustrie eingeknickt.

Die Politiker haben es nicht übers Lobbyherz gebracht, der Autoindus­trie mit klaren technischen Vorgaben die horrenden Gewinne zu schmälern. Brav beteten die Landes­chefs aus Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen mit dem Bundesminister für Verkehr die Litanei von drohenden Arbeitsplatzverlusten und vom Wirtschaftsstandort Deutschland herunter.

Keine Rede davon, dass die Autobauer mehr als fünf Millionen Kunden vorsätzlich betrogen haben im Interesse ihres Profits.

Und Matthias Wissmann, ehemals selbst Verkehrsminister und nun Präsident des Verbands der Automobilindustrie und guter Freund von Kanzlerin Angela Merkel, hielt das Ganze ja eh nur für eine kleine Verwirrung. Nun ja – es ist Wahlkampf.

Die Gesundheit der Bürger ist offensichtlich allen Beteiligten des Dieselgipfels sehr viel ferner als das Wohlergehen der Autobauer und der Familien Porsche, Piëch und Quandt. Es steht sehr zu hoffen, dass die Verwaltungsgerichte in den Ländern und im Bund das Stuttgarter Urteil zum Fahrverbot verinnerlichen, dass mehr Dieselbesitzer und Umweltverbände und Städte den Klageweg beschreiten, um die Rechte der Bürger auf Unversehrtheit und Lebensqualität einzufordern.RUDOLF SCHLEHAHN, Berlin

Panikmache

betr.: „Einige Autos werden vielleicht etwas sauberer“,taz vom 3. 8. 17

Ältere Diesel – im dümmsten Fall gerade gute zwei Jahre alt und schon nicht mehr umwelttauglich.

Die Panikmache mit Fahrverboten verunsichert nur, und es sind keine wirklichen Lösungen in Sicht. So wünschenswert es ökologisch und medizinisch sein mag, dass ältere Diesel aus der Stadt bleiben, umso fraglicher halte ich ein Fahrverbot nur für ältere Diesel. Die Schadstoffklassen sind von der EU-Regelung abschließend geregelt. Es ist nicht vorgesehen, dass Aschenputtel innerhalb zum Beispiel der EU5-Norm in Gut und Böse, Diesel und Benzin, unterscheidet. Das würde gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und EU-Recht verstoßen.

Die Panik nützt im Moment nur der Autoindustrie, die Ersatzfahrzeuge verkauft. Es liegt auf der Hand, dass die Autoindustrie kein Interesse daran hat, zum Beispiel durch eine Nachrüstung eines Filters ein Fahrzeug auf die Abgasnorm Euro 6c zu bringen. Wieso anderen 1.500 Euro gönnen, wenn man ein neues Auto verkaufen kann? Da bietet man doch lieber die gleiche Summe als Kaufanreiz und verdient ein Mehrfaches. JAN SCHNEIDER, Stuttgart

Zukunft: E-Mobile

betr.: „Das ist der Gipfel“,taz vom 5. 8. 17

Wäre schön, wenn sich die taz mal ausführlich des Themas Elektromobilität annähme. Denn das ist ganz zweifellos die schon in naher Zukunft dominante Antriebstechnik für den Individualverkehr.

Leider sind die europäischen und damit im Besonderen die deutschen Autohersteller technologisch um mindestens fünf bis zehn Jahre im Rückstand. Manche Tester haben ja eindrucksvoll beschrieben, dass das Fahren der E-Fahrzeuge zwar sehr viel Freude macht, die mangelnde Reichweite und der Preis diese Freude allerdings erheblich eintrübt.

Dabei wurde allerdings nicht bedacht, dass die Kosten für Strom-Tanken deutlich unter denen von Benzin und Diesel liegen, keine Kosten für Inspektion oder Ölwechsel, für Zündkerzen oder Keilriemen und Auspuff mehr anfallen und der Verschleiß von Bremsen und Reifen erheblich geringer ist. Steuerbefreit sind die E-Mobile auch.

Natürlich wird die Umstellung auf die Produktion von E-Fahrzeugen mit erheblichen strukturellen Veränderungen der Automobilindustrie einhergehen. Hier wäre es von Seiten der politisch Handelnden längst geboten, statt grenzwertiger Kungelei mit den kurzfristigen Interessen der Vorstände von Automobilkonzernen und Gewerkschaften langfristig tragfähigen Lösungen die gesetzlichen Grundlagen zu verschaffen.

ROLF ALTERAUGE, Neuwied

Schlaue Post

betr.: „Ein trauriger Witz“, taz vom 3. 8. 17

Die Deutsche Post AG hat sich frühzeitig auf die Dieselproblematik eingestellt und eigene Elektroautos in Produktion gegeben. Die Sparte „Paket“ der Post ist im Aufwärtstrend. Bevor ein Dieselfahrverbot in deutschen Städten ausgesprochen wird, hat sie reagiert. Nach dem Motto: Wer auf ein veraltetes Produkt setzt, wird über kurz oder lang von der Konkurrenz hinweggefegt.

Allerdings ist die Option „Fünf Mark pro Liter Benzin“ keine Lösung, da im ländlichen Bereich die Infrastruktur fehlt. Ohne Auto ist mein Arbeitsplatz unerreichbar; somit müsste ich als gemeine Arbeiterin den Mist ausbaden, den die Auto­industrie verursacht hat.ANDREA PEITZ, Heusweiler

Abgasfrei

betr.: Schwerpunkt „Dieselgipfel“, taz vom 3. 8. 17

Drei Seiten Dieselgate. Da wundere ich mich aber, dass ihr auch auf diesen Zug aufspringt und das in solchem Ausmaß. Natürlich ist es eine Sauerei, dass die Autobauer uns verarschen. Aber wir wissen doch, dass unser Individualverkehr nicht umweltverträglich zu haben ist.

Sauberen Individualverkehr gibt es nur zu Fuß und mit dem Fahrrad. Alles andere ist und bleibt umweltschädlich und Ressourcenverschwendung.

Wer der Meinung ist, dass ein „Drei-Liter-Auto“ umweltverträglich ist, hat nicht nachgedacht. Bei E-Autos genauso. Ihr lebt doch in Berlin und erlebt es täglich, dass diese Autos die Pest sind: Sie stinken, machen Lärm, verbrauchen die Hälfte der über­bauten Flächen.

Also, das nächste Mal bitte drei Seiten zu umweltverträglichem Individualverkehr, Überschrift: „Wissenschaft entdeckt abgasfreien Individualverkehr!“ANDREAS SCHEEL, Kaufungen