LeserInnenbriefe
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Verrat à la carte

betr.: „Niedersachsen ist baff“, taz vom 5. 8. 17

Man braucht kein Anhänger der Grünen zu sein, um zu der Ansicht zu kommen, dass hier eine gewisse Abhängigkeit in einer schändlichen Art und Weise ausgenutzt und missbraucht wurde. Der Wechsel von Elke Twesten von den Grünen zur CDU ist schon ideologisch wie ein Wechsel von Feuer zu Wasser und riecht nach mehr als nur Verrat. Nach der Äußerung der Bundesverteidigungsministerin erinnert man sich an das Zitat von Julius Cäsar: „Proditionem amo, sed proditores non laudo.“ (Ich liebe den Verrat, aber hasse den Verräter.)

Einen Verrat dieser Art in den eigenen Reihen würde die CDU schon als Dolchstoßlegende bezeichnen, ein Verrat aus den Reihen anderer Parteien wird aber als deren Regierungskrise bezeichnet, obwohl es sich ausschließlich um ein Beziehungsproblem zwischen der Mutterpartei, den Grünen, und Frau Twesten selber handelt.

Frau Twesten ist lediglich mit Hilfe der Grünen und deren Liste in den Landtag gekommen, und wenn sie nun meint, dort keine politische Heimat mehr zu haben, möge sie bitte ihr Mandat, gewonnen über die Partei, zurückgeben, aber nicht dieses quasi als Beutegut der CDU übergeben.

In der unmittelbaren Nachkriegszeit hat man in der Bundesrepublik die Fünfprozenthürde in die deutsche Gesetzgebung involviert, damit nicht kleine Parteien die deutsche Politik lähmen und ganze Regierungen zu Fall bringen. Dass ein solcher Wechsel nun möglich ist, ohne dass ein Abgeordneter gezwungen wird, sein über die Liste und nicht als Direktmandat gewonnenes Mandat zurückzugeben, ist einfach nicht verständlich.

GEORG DOVERMANN, Bonn

Es droht der marktradikale Muff

betr.: „Niedersachsen ist baff“, taz vom 5. 8. 17

Schade, dass Rot-Grün in Niedersachsen auf einem solchen Weg beendet wurde. Das haben die Wähler(innen), die nicht stock­konservativ regiert werden wollen, nicht verdient.

Dass die ehemals grüne Landtagsabgeordnete Twesten gehofft hat, mit einem Wahlkreismandat direkt in den Landtag zu ziehen, erscheint etwas kurios. Bisher hat es bekanntlich nur das grüne Urgestein Ströbele in Berlin geschafft, ein Wahlkreis-Direktmandat zu erringen. Andere ziehen über die Landesliste und die Zweitstimmen in das Parlament. Neuwahlen erscheinen jetzt stimmig, damit der Landtag in Hannover den tatsächlichen Willen der Wählerinnen und Wähler widerspiegelt.

Es ist zu würdigen, dass Rot-Grün die unsozialen Studiengebühren endlich abgeschafft hat, die Schulpolitik modernisierte und eine ökologische Umwelt- und Landwirtschaftspolitik betreibt. Ich hoffe nicht, dass durch die Neuwahlen, der marktradikale Muff der Schwarzen und Gelben wieder gewinnt oder sogar die rassistische AfD in den Landtag einziehen kann.

ARNO SCHELLE, Fredelsloh

Es summt und brummt nicht mehr

betr.: „Ackerhummel dringend gesucht“, taz vom 8. 8. 17

Der Deutsche Bauernverband (DBV) zweifelt den Insektenschwund an? Sitzen im DBV nur noch unter 40-Jährige, die sich nicht erinnern können, dass es früher auf Feldern in Deutschland herrlich gesummt und gebrummt hat, wo heute diesbezüglich Stille herrscht?

Früher mussten nach einer Autofahrt an die Ostsee die Kadaver zahlreicher Insekten für den freien Durchblick von der Windschutzscheibe gekratzt werden und heute nicht eine müde Fliege! Diese Erfahrung kann jeder täglich machen, dafür sind weitere Studien und Zählungen unnötig!

BERNHARD JOOST, Hamburg

Der Chef nur eine Stimme im Chor

betr.: „Programmchef Schuster“, taz vom 3. 8. 17

die überschrift „programmchef schuster“ ist nicht witzig, sondern unverschämt. wenn der repräsentant einer großen gesellschaftlichen organisation forderungen gegenüber massenmedien erhebt, ist er kein „programmchef“, sondern eine stimme im pluralistischen chor. schuster als programmchef zu titulieren, insinuiert, er wolle in die arbeit des senders eingreifen – also von außen zensur üben. der gleiche tenor klingt an in der unterzeile: „erneut kritik vom zentralrat der juden“. gemeint ist wohl: die schon wieder …

es ist zwar verdienstvoll, die öffentlich-rechtlichen zu verteidigen. andere zeitungen nutzen diesen konflikt aus, um die öffentlich-rechtlichen anzugreifen. jedoch der kritik schusters zensurgehabe zu unterstellen, schießt übers ziel hinaus.

UWE HARTWIG, Ober-Mörlen

Fracking macht Wasser teurer!

betr.: „Zu hoher Nitratgehalt verteuert Trinkwasser“, taz vom 8. 8. 17

Etliche Male konnte man innerhalb kurzer Zeit die Warnung des BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft) vor zu hohem Nitratgehalt im Trinkwasser – vor allem durch die Landwirtschaft verursacht – lesen. Das könne die Aufbereitung von Trinkwasser teurer machen. So weit – so gut. Warum warnt der BDEW aber nicht mit der gleichen Vehemenz vor Fracking, das eine ungleich höhere Gefahr für unser Trinkwasser darstellt? Vielleicht, weil sich vor Jahren die Energiewirtschaft in den Wasser-Bundesverband eingeschlichen hat und nun unter anderen Exxon Mitglied des BDEW ist? REGINA RENSINK, Stadum