Sollen wir sie reinlassen?

DEBATTE Am Sonntag will die Alternative für Deutschland in der Harburger Friedrich-Ebert-Halle ihren Wahlkampfauftakt begehen. Das Hamburger Bündnis gegen rechts hat die Stadt aufgefordert, die Räume nicht an die Partei zu vermieten. Ein Holzweg?

Pro und Contra: Teilnehmer einer AfD-Demo vor dem Schauspielhaus mit Gegendemonstranten vom Bündnis gegen rechts Foto: Axel Heimken/dpa

Ja

Natürlich kann man das Hamburger Bündnis gegen rechts verstehen. Ja, es ist schwer erträglich, dass die AfD in Räumen auftritt, die der Stadt gehören, und das auch noch direkt neben einer Schule. Die wiederum in einem multikulturellen Stadtteil steht – oder vielleicht doch besser: einem durch Einwanderung geprägten. Ausgerechnet hier also soll die AfD, die „rechtspopulistisch“ zu nennen ja zunehmend eine Verharmlosung ist, ihre „nationalistischen, frauenfeindlichen, homophoben und rassistischen Thesen“ verbreiten dürfen, wie das Bündnis schreibt? Gegen so was zu sein, ist zutiefst sympathisch.

Bloß ist es leider nie getan mit der gut gemeinten Geste allein. Dass die AfD ihre Pläne nun gleich fallen lässt, damit ist ja nicht zu rechnen. Wer diesen Auftritt also nur an genau diesem Ort verhindert sehen möchte, muss sich fragen lassen: Was ist eigentlich gewonnen, wenn die Rechtsruck-Partei sich stattdessen ein Viertel weiter versammelt? Gibt es am Ende Stadtteile, die wir, die wir die AfD nicht mögen, schon aufgegeben haben?

Und schließlich: Dass ihr dass Leben schwer gemacht werde von „Altparteien“, Medien oder gleich „Linksfaschisten“, kurz: dass sie ganz doll unterdrückt werde, das ist für diese Partei ja geradezu Treibstoff; das ist, womit sie um Solidarisierung buhlt – und ja auch erhält. Wenig liegt diesen Damen, aber vor allem Herren doch so sehr wie die Zurschaustellung eines angeblichen Martyriums und das routinierte Jammern darüber, immer wieder zu kurz zu kommen.

Das ist vielleicht das beste Argument dafür, diesen Pseudoalternativen die bereits gemietete Halle zu überlassen: Dürften sie dort nicht tagen, würde das ihre Selbstdarstellung als Außenseiter befeuern, als Underdogs des Politikbetriebs. Soll die AfD ihren Wahlkampf ruhig dann und dort eröffnen – ob sie dabei ungestört bleibt, ihrer Inszenierung nicht widersprochen wird, das steht auf einem anderen Blatt. ALEXANDER DIEHL

Nein

Hauptredner beim AfD-Wahlkampfauftakt in der Friedrich-Ebert-Halle ist Alexander Gauland. Es steckt eine gewisse Ironie darin, dass Gauland eine Halle mit dem Namen des sozialdemokratischen Reichspräsidenten betritt. Denn er ist glühender Anhänger Otto von Bismarcks. Dessen „Sozialistengesetze“, mit denen er über zwölf Jahre hinweg SozialdemokratInnen verfolgte, traf einst auch den jungen Friedrich Ebert. Lustig ist das nicht, weil es eine bedrohliche Parallele zur Gegenwart hat.

Getroffen werden nämlich mit der Wahlkampfveranstaltung auch der Stadtteil Heimfeld und seine BewohnerInnen. 44 Prozent von ihnen haben einen Migrationshintergrund. Damit leben in Nachbarschaft zur Halle diejenigen, denen die AfD offen droht: Nicole Jordan, hiesige AfD-Schatzmeisterin, sagte erst kürzlich, sie sei „bereit für den Kampf gegen Multikulti“.

Wäre die Halle in öffentlicher Hand, könnte man noch argumentieren, dass der Staat, solange er die AfD nicht verbietet, die Möglichkeit zur Anmietung im Sinne der Neutralität gewähren muss. Aber Inhaberin ist eben eine private GmbH. Sie hat nicht nur das (Haus-)Recht, nationalistische Veranstaltungen nicht bei sich stattfinden zu lassen, sondern auch eine moralische Pflicht. Wie es besser geht, zeigen die Maritim-Hotels, die angekündigt haben, keine AfD-Veranstaltungen mehr bei sich zu dulden.

An Gauland wie an Jordan zeigt sich auch, dass die Hamburger AfD längst keine wirtschaftsliberale Partei mehr ist, sondern stramm rechtsnational. Alexander Wolf, Nummer zwei auf der AfD-Landeswahlliste, legt nahe, dass diese politische Einordnung vielleicht noch untertrieben ist. Wolf ist Alter Herr der Burschenschaft Danubia, die von Bayerns (!) Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird. Die VermieterInnen sollten sich einmal Gedanken machen, ob sie sich gegen ihre NachbarInnen positionieren und dieser Partei und deren Hetze eine Plattform bieten wollen. André Zuschlag