Finanzplanung des Senats vor Gericht

Das Landesverfassungsgericht verhandelt über eine Klage von Abgeordneten der Opposition. Die werfen dem Senat einen Verfassungsbruch vor, weil er im Jahr 2004 keine mittelfristige Finanzplanung vorlegte. Grüne wittern darin Wahlkampfluft

von RICHARD ROTHER

Was hat eine mündliche Verhandlung vor dem Berliner Verfassungsgericht zum Landeshaushalt mit den Bundestagswahlen zu tun? Auf dem ersten Blick nichts, auch auf dem zweiten nicht. Erst beim dritten Hinschauen mag man Zusammenhänge erkennen. Wie schnell sicher scheinende Siege Niederlagen werden können, hat die Wahl am Sonntag gezeigt. Schon in einem Jahr stehen in Berlin Wahlen zum Abgeordnetenhaus an. Und um die geht es, zumindest indirekt, bei der Klage der Opposition zur Finanzplanung des rot-roten Senats, die gestern vor dem Landesverfassungsgerichtshof verhandelt wurde.

Im Kern wollen drei Abgeordnete der Oppositionsfraktionen von CDU, FDP und Grünen dem Senat verfassungswidriges Verhalten bescheinigen lassen. Sie monieren, dass der rot-rote Senat im Jahr 2004 keine Finanzplanung für die Jahre 2004 bis 2009 vorgelegt hat. Dazu sei er aber verpflichtet gewesen.

Der Grünen-Abgeordnete Jochen Esser vermutete gestern vor Gericht auch politische Gründe für dieses Verhalten. Komme der Senat damit durch, werde er auch im kommenden Jahr vor der Wahl keine mittelfristige Planung vorlegen. Darin müsste er dann nämlich, so Esser, erklären, wie es nach 2009 mit dem so genannten Solidarpakt weitergehen solle. In diesem Pakt hatten sich Senat und Gewerkschaften bis 2009 auf deutliche Lohneinbußen im öffentlichen Dienst geeinigt, um den Landeshaushalt zu entlasten. Dies möglicherweise auch danach fortsetzen zu wollen, wäre sicherlich ein Vorhaben, das bei Gewerkschaftern – vor allem im Wahlkampf – nicht gut ankommt.

Der Vertreter der Kläger, Rechtsanwalt Matthias Rossi, nannte es zwingend notwendig, jedes Jahr eine Finanzplanung vorzulegen. Damit könne die Konjunkturpolitik der Länder untereinander abgestimmt werden. Zudem enthalte der Plan Daten über die Rahmenbedingungen des Haushalts, etwa über die Bevölkerungsentwicklung. Er habe damit auch eine wichtige Informationsfunktion für die Abgeordneten.

Aus Sicht des Senats reicht es hingegen, den Plan nur alle zwei Jahre mit dem jeweils neuen Doppelhaushalt dem Abgeordnetenhaus vorzulegen. Das Gericht will am 22. November ein Urteil über die Verfassungsklage verkünden.

Der Vertreter des Senats, Joachim Wieland, sagte: „Eine Finanzplanung ohne Haushaltsgesetz ist sinnlos.“ Zudem sei der Plan sehr aufwändig, weil die Finanzverwaltung ihn mit den anderen Senatsbehörden abstimmen müsse. Eine solche Planung beschäftige vier Fünftel der Ressourcen der Haushaltsabteilung in der Finanzverwaltung für drei bis vier Monate, so Wieland. Sollte das Landesverfassungsgericht die Vorlage einer jährlichen Finanzplanung vorschreiben, würde dies Ressourcen binden. Gerade im Hinblick auf die Haushaltsnotlageklage Berlins vor dem Bundesverfassungsgericht müssten die Verwaltungen damit aber sorgsam umgehen, argumentierte Wieland.