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Sündenbock oder keiner?

Schuld-Debatte Seit den G20-Krawallen fordern Politiker von CDU, FDP und SPD die Schließung des autonomen Zentrums „Rote Flora“ in Hamburg. Ergibt das einen Sinn?

Foto: Christian Charisius/dpa

Wer einlädt, bestimmt

betr.: „Eignet sich die Rote Flora als Sündenbock?“, taz.nord vom 22./23. 7. 17

„Wenn man alle seine Bekannten einlädt, sagt man natürlich nicht: ‚Du darfst nur kommen, wenn du dich so und so verhältst.‘“ – Frage: Wieso eigentlich nicht? Wieso soll man keine Spielregeln für die „Party“ formulieren, zu der man einlädt? Ergibt natürlich nur dann Sinn, wenn man auch dazu bereit ist, darauf zu achten, dass diese Regeln eingehalten werden. Aber da wirds ziemlich unbequem und stressig ...

„Wenn zu erwarten war, dass es Ausschreitungen wie beim G8-Gipfel in Genua geben würde, hätte sich die Flora im Vorfeld von Gewalt distanzieren müssen.“ (Zitat) – Na, sehen Sie, geht doch. Das wäre ein deutliches Signal gewesen: So bei uns nicht!

„Eine Demo ‚Welcome to Hell‘ zu nennen, zeigt der Doppelbedeutung wegen zwar einen gewissen Sinn für Humor (...)“ – Wer zu einer Grillparty einlädt, sollte sich nicht darüber wundern, wenn die Gäste mit Hunger nach Fleisch kommen und nicht verstehen, wenn man Ihnen nur Tofu-Würstchen anbieten will.

„Etwa weil durch die Gewalt und Gegengewalt die Massen aufgerüttelt werden und nach einer herrschaftsfreien Welt ohne Kapitalismus schreien? Den biederen Leuten in Rahlstedt graust es vor dieser Art von ‚Herrschaftsfreiheit‘. Die Mehrheit schlägt sich auf die Seite der Herrschenden, schreit nach mehr Polizei und Schließung von ‚rechtsfreien Räumen‘ wie der Flora.“ – Eine deutliche Stellungnahme gegen die altbackene „Propaganda der Tat“, der viele autonome Gruppen immer noch anhängen. Danke! So sollte dies auch öfter an deren Adresse kommuniziert werden. LITTLEREDROOSTER, taz.de

Um jeden Preis

betr.: „Eignet sich die Rote Flora als Sündenbock?“, taz.nord vom 22./23. 7. 17

Es wäre naiv zu glauben, man hätte fast alles Polizeimaterial der BRD nach Hamburg gekarrt, nur weil da eine Demo unter der Überschrift „Wellcome to hell“ angemeldet wurde. Hätte man die Demo „Friede, Freude, Eierkuchen“ genannt, wäre doch nicht eine Hundertschaft weniger aufgeboten worden. Nein – das Polizeiaufgebot war „nötig“, weil Merkel und Scholz diesen Gipfel „auf Deubel komm raus“ und mit aller Gewalt gegen die Hamburger und gegen jeglichen Protest durchziehen wollten. „Auf Deubel komm raus“ heißt übrigens im Englischen „come hell or high water“ – treffender ging’s rückblickend kaum. RAINER B., taz.de

Ehrlich

betr.: „Eignet sich die Rote Flora als Sündenbock?“, taz.nord vom 22./23. 7. 17

Ich finde den Beitrag von Frau Schipowski super, weil ehrlich. Aber eigentlich sagt sie damit auch „Ja“: „Natürlich wollten wir die Krawalle, natürlich respektieren wir das Gesetz nur dort, wo es uns gefällt. Und die Gewalt war von Anfang an vorhersehbar.“

Wenn die Rote Flora dann aber „einlädt“, wie sie es sagt, dann trägt sie eben auch Verantwortung. Und darf mit Konsequenzen rechnen. Der Staat wird nicht Zentren akzeptieren, in denen offen der Rechtsordnung entgegengetreten wird, wie Frau Sch. hier offen bekennt. DR. MCSCHRECK, taz.de

Und Pegida?

betr.: „Eignet sich die Rote Flora als Sündenbock?“, taz.nord vom 22./23. 7. 17

Wenn die Rote Flora zum Sündenbock gemacht werden soll, dann muss die Pegida genauso behandelt werden, ansonsten bekommen wir irgendwann Vorwürfe aus dem Ausland, dass wir auf „dem rechten Auge“ blind sind!  STEFAN MUSTERMANN, taz.de