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Bowies Overall und Iggys Bauchnabel

HELDENDie Galerie Hiltawsky zeigt Bilder aus der Fotosession zu David Bowies „Heroes“-Album

David Bowie, 1977 Foto: M. Sukita

Wollte man nicht immer schon bei einer Fotosession mit David Bowie dabei sein? Nun, in gewisser Weise kann man das jetzt. Denn die Galerie Hiltawsky zeigt Bilder des japanischen Fotografen Masayoshi Sukita, der das Cover von „Heroes“ (1977) aufgenommen und Bowie auch in den folgenden Jahrzehnten oft fotografiert hat.

Erich Heckels „Roquairol“

Vor fast genau 40 Jahren, im Oktober 1977, kam „Heroes“ auf den Markt – das nahm Galerist Christian Hiltawsky zum Anlass, die im April 1977 im Tokioter Studio von Sukita entstandene Reihe zu zeigen. Die beiden damaligen Berliner WG-Genossen David Bowie und Iggy Pop verbrachten im Rahmen einer Japan-Promo-Tour einen Tag in der japanischen Hauptstadt, produziert wurde das Album dann im Sommer 1977. Inspiration für die Cover von „Heroes“ und auch Iggy Pops „The Idiot“-Album kam von Brücke-Künstler Erich Heckel und dessen Gemälde „Roquairol“. Da­rauf zu sehen: ein mit den Händen gestikulierender Roquairol (die Figur stammt aus dem „Titan“ von Jean Paul).

Bei den Aufnahmen zeigt sich Bowie als großer Mimiker. Erst ist er dandyhaft mit übergehängtem Mantel zu sehen, den Kopf gesenkt und den Blick aufreißermäßig und etwas herausfordernd nach oben gerichtet. Dann sieht man ihn dylanhaft und androgyn mit zauseligem Haar und Kippe in der Hand.

Ein Bild weiter reißt er einfach nur die Augen weit auf und hält die Hände auf Gesichtshöhe vor sich, als wolle er etwas greifen. Dann wieder erscheint er wie ein Clown, der einen Ball verschluckt hat – und schließlich hängt da natürlich auch das teuerste Exponat der Ausstellung: das „Heroes“-Cover selbst, auf dem er leicht entrückt dreinschaut. Wer wissen will, warum Bowie später das Etikett „Chamäleon des Pop“ angeheftet wurde, der bekommt hier Aufschluss darüber.

Auch von Iggy Pop – zu der Zeit hatte er übrigens gerade die Beatlesfrisur, um eine Nackentapete ergänzt – sind einige Bilder zu sehen, wobei den größten Eindruck beim Betrachter die klobigen Holz-Flipflops hinterlassen haben, die er auf einem Foto trägt. Wahrhaft wegweisend! Aber auch den Bauchnabel Iggy Pops darf man, von der Kleidung ausgespart, betrachten. Iggy macht beim Posing ebenfalls ganz gut mit, das kann man auf den Fotos nachvollziehen.

Hennarote Härchen

Von Bowie gibt es darüber hi­naus im vorderen Raum noch beeindruckende Aufnahmen aus der Ziggy-Stardust-Phase. Der berühmte schwarz-weiße Overall von Kansai Yamamoto, mit dem Bowie als Ziggy Stardust im Jahr 1972 mit seinen Spiders From Mars auftrat, ist etwa dabei. Vor allem die Close-up-Aufnahmen von Bowie sind toll, jedes fein aufgerichtete hennarote Härchen zeichnet sich da vor dem Hintergrund ab, und man sieht fast mikroskopisch das auf die Stirn aufgetragene Alien-Mal bei Stardust/Bowie. Auch in dieser Reihe staunt man wieder über Schuhe, diesmal über die Plateauschuhe, die für den Helden designt wurden.

Glam Yeah, denkt man sich, während man die Galerie verlässt – und summt „Ziggy Stardust“ vor sich hin. Jens Uthoff

Noch bis 2. September, Galerie Hiltawsky, Tucholskystr. 41, ­Mitte, derzeit geöffnet: dienstags bis samstags von 14 bis 19 Uhr

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