IN KOREA GIBT ES NEUE HOFFNUNG AUF EINE ATOMWAFFENFREIE ZONE
: Ein allererster Schritt

Damit hatte niemand gerechnet. Nach wochenlangen Verhandlungen haben sich die sechs Parteien – allen voran Nordkorea und die USA – gestern in Peking auf Schritte für eine atomwaffenfreie koreanische Halbinsel geeinigt. Basierend auf einem Kompromissvorschlag Chinas machten beiden Seiten Zugeständnisse, die sie – zum Teil erst wenige Stunden zuvor – noch abgelehnt hatten. Dies verhinderte in letzter Minute ein Scheitern der Gespräche, wenngleich die Einigung auf knifflige Detailfragen einschließlich der noch zu regelnden Abfolge in die Zukunft verlagert wurde.

Die Einigung ist also nur ein erster Schritt, der dennoch ein Durchbruch sein könnte. Wenngleich weiter gerätselt werden darf, ob Nordkorea dabei nur auf Zeit spielt, bis etwa seine behauptete Atomstreitmacht ausgereift ist, oder ob es wirklich bereit ist, sich diese noch abhandeln zu lassen: Das Regime dürfte eingesehen haben, dass ein Scheitern der Gespräche so wenig in seinem Interesse sein kann, wie seinen Hauptnahrungs- und Energielieferanten China zu verprellen. Und die Regierung von George W. Bush dürfte trotz aller ideologischen Aversion inzwischen gelernt haben, dass sie auf der koreanischen Halbinsel weder eine realistische militärische Option hat noch UN-Sanktionen gegen Pekings Willen durchsetzen kann. Das Desaster im Irak und die bei „Katrina“ deutlich gewordene Schwäche der Supermacht dürften zudem dazu beigetragen haben, dass Washington trotz fortgesetzter Zweifel am guten Willen Nordkoreas bereit ist, sich auf die „gemeinsame Erklärung“ einzulassen. Dabei geht diese substanziell nicht über das hinaus, was bereits unter Clinton 1994 ausgehandelt und jahrelang von den US-Republikanern bekämpft worden war.

Während also der Zug in Richtung Atomwaffen in Nordkorea womöglich abgefahren ist und sich militärisch nicht mehr stoppen lässt, scheint es aus Sicht Washingtons momentan dringlicher und realistischer zu verhindern, dass der Iran diese Schwelle nimmt. In Korea gibt es seit gestern wieder einen Hoffnungsschimmer – nicht mehr, aber auch nicht weniger. SVEN HANSEN