Gemeinsam in den Untergang
: Kommentar von Ralph Bollmann

Gerhard Schröders Plan ist, wenn auch knapp, gescheitert. Mit vorgezogenen Neuwahlen wollte sich der Kanzler aus der politischen Defensive befreien und seinen Regierungsauftrag durch die Zustimmung des Volkes verlängern lassen. Das Gegenteil ist nun eingetreten. Schröder hat eine sichere rot-grüne Mehrheit mit der Aussicht auf Wiederwahl 2006 eingetauscht gegen ein Wahlergebnis, das der SPD realistischerweise nur die Perspektive des Juniorpartners in einer großen Koalition übrig lässt – auch wenn der offenbar umfragegläubige Kanzler dieses Wahlergebnis jetzt umdeutet, indem er es an den demoskopischen Werten des vergangenen Frühjahrs misst.

Mit der einsamen Entscheidung zu Neuwahlen geriet Schröder in eine geradezu tragische Spirale der Realitätsverweigerung, aus der es offenbar kein Entrinnen mehr gibt. Parteichef Franz Müntefering, der an dem fatalen Schritt vom Mai beteiligt war, hat sich dadurch zum Mitgefangenen gemacht. Er kann seinem Kanzler nicht mehr in den Arm fallen, auch wenn es im Interesse der Partei geboten wäre. Im Rausch des scheinbaren Erfolges setzt die SPD ihre Realitätsflucht aus Wahlkampfzeiten fort.

Gewiss: Der unerwartet knappe Wahlausgang eröffnet Schröder neuen Spielraum. Aber es ist ein Spielraum nur zur Destruktion. Mit seinem maßlos vorgetragenen Machtanspruch hat Schröder vorerst nur eines erreicht: Er hat innerhalb der Union die Position Angela Merkels, die nach dem schwachen Wahlergebnis schon zu wanken schien, vorerst gestärkt. Unter den Attacken der SPD haben die Unionsfürsten momentan gar keine andere Möglichkeit, als sich um ihre glücklose Parteichefin zu scharen.

Das kann sich freilich ändern. Was Schröder immerhin erreicht hat, ist ein Zustand der gegenseitigen Blockade. In diesem Spiel versuchen beide Seiten, mit kuriosen Planspielen von Ampel bis Schwampel ihre Position zu stärken. Eine Lösung wird es nur geben, wenn beide Aspiranten auf das Kanzleramt am Ende zurückweichen. Dann hat Schröder immerhin Merkel verhindert und damit einen letzten Triumph errungen. Und nicht der Kanzler, sondern die Kandidatin steht als gescheitert da.