Verhandlungsdruck durch die Hintertür

KLIMASCHUTZ Die Malediven ermutigen Entwicklungsländer dazu, mit gutem Beispiel voranzugehen und CO2-neutral zu werden. So sollen den reichen Industriestaaten die Argumente ausgehen, untätig zu bleiben

BERLIN taz | Nach der aufsehenerregenden Klimakonferenz unter Wasser Ende Oktober versucht der Präsident der Malediven erneut, Druck im Vorfeld des Gipfels in Kopenhagen zu machen – dieses Mal aber durch die Hintertür: Am Montag rief Mohomed Nasheed die Entwicklungsländer dazu auf, sich zu einer Kohlendioxidneutralität zu verpflichten. Es gelte, mit gutem Beispiel voranzugehen, um so den großen Industriestaaten die Argumente zu nehmen.

„Wenn diejenigen, die am wenigsten haben, das meiste tun – welche Ausflucht kann es dann für die Reichen geben, weiter untätig zu bleiben?“, sagte Nasheed. Mit diesem Appell eröffnete er eine zweitägige Konferenz, auf der eine gemeinsame Verhandlungsposition für den Weltklimagipfel gefunden werden soll. An der Veranstaltung nehmen Vertreter aus Kiribati teil, aus Bangladesch, Nepal, Vietnam, Barbados, Bhutan, Ghana, Kenia, Ruanda und Tansania.

„Nach dem Vorstoß bei der Klimakonferenz in Barcelona versuchen die Entwicklungsländer verzweifelt, die Dynamik der Verhandlungen aufrechtzuerhalten“, sagt Klimaexpertin Antje von Broock von der Umweltorganistion BUND. Dabei lägen die jährlichen CO2-Emissionen in vielen armen Ländern bereits unter 2 Tonnen pro Kopf. „Das sind die Emissionen, die eigentlich ganz natürlich sind, etwa durch Landwirtschaft“, so von Broock. „Und damit wären das sicherlich die schwierigsten 2 Tonnen, die zu reduzieren sind. Aber daran sieht man, in welcher dramatischen Situation sich die Entwicklungsländer sehen.“

Im Oktober hatte Nasheed sein Kabinett auf Tauchgang geschickt, um auf die Bedrohung der Insel durch den steigenden Meeresspiegel aufmerksam zu machen. Er hat angekündigt, dass die Malediven innerhalb von zehn Jahren das erste Land mit einer neutralen CO2-Bilanz werden wollen. NADINE MICHEL