Der Verhandler

Wie machen Sie das?

Frank Nachtigall, 48, verhandelt für die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer Tarifverträge. Er streitet sich mit Arbeitgebern, manchmal bis tief in die Nacht.

taz.am wochenende: Herr Nachtigall, Sie müssen nicht nur lange wach, sondern dabei auch noch konzentriert bleiben. Wie machen Sie das?

Frank Nachtigall: Ich komme als Lokomotivführer aus dem Schichtdienst, da bin ich es schon gewohnt, in der Nacht zu arbeiten. Ansonsten: vorher ausschlafen, zwischendurch mal aufstehen. Und vor allem keinen Alkohol, denn damit hält man die Nacht nicht durch.

Also keine Drogen. Auch keinen Kaffee?

Na ja, die Tassen Kaffee, die ich bei Verhandlungen trinke, möchte ich dann lieber nicht zählen. Der Bundesvorsitzende, Claus Weselsky, ist eher Teetrinker, aber ich bleibe beim Kaffee. Man sollte allerdings auch nach zwei, drei Tassen noch eine ruhige Hand haben.

Passieren irgendwann Müdigkeitsfehler?

In der Regel nicht. Man verhandelt ja nicht allein, sondern als Team. Wenn der eine schwächelt, dann passt der andere auf. Natürlich, ganz am Ende wird man auch mal unkonzentriert, gerade wenn es dann schon früh morgens ist.

Versucht die Gegenseite denn öfter, das auszunutzen?

Manchmal schon. Da sind wir dann aber fit genug, das auch durchzuhalten. Wer meint, mit In-die Länge-Ziehen kriegt man bessere Ergebnisse, der wird bei uns eines anderen belehrt.

Was war Ihre anstrengendste Verhandlungsnacht?

Vergangenes Jahr haben wir einmal von morgens um elf bis zum nächsten Morgen um halb acht verhandelt. Da merkte man, dass die Contenance auf beiden Seiten hin und wieder verloren ging.

Was ist der beste Trick, noch zwei Stunden konzentriert zu bleiben, wenn einem schon die Augen zufallen?

Wichtig ist, mal zu unterbrechen, sich mal auf einen Stuhl zu setzen und für zehn Minuten die Augen zuzumachen.

Interview Felix Wellisch