KUNST

KunstKito Nedoschaut sich in Berlins Galerien um

Die abstrakten Gemälde des New Yorker Künstlers Julian Lethbridge, die gerade in der Charlottenburger Galerie CFA ausgestellt sind, haben die Anmutung von Zeitreisenden auf Zwischenstation. Sie schweben förmlich über der Gegenwart. Alles an ihnen – Farbe wie Strukturen – erscheint in rhythmischer Bewegung. So wie die vielen silbrigen Leiber eines Fischschwarms, der plötzlich seine Richtung ändert. Lethbridge baut seine Bilder in mehreren Schichten auf, ohne ihnen jedoch die Durchlässigkeit zu nehmen. Tritt man näher an sie heran, kann man das strukturierte Raster des Malers erkennen. Diese Schau, konservativ und kühl, erscheint fast wie eine Prüfung für ein zerstreutes, ungeduldiges Publikum. Denn sie verlangt nach Muße, konzentrierter Betrachtung und dem gemächlich-vergleichendem Umhergehen in der Galerie. Womöglich wirken sie auf hektische Menschen, die sehr viel auf Bildschirme schauen, sogar heilsam und beruhigend. Darin liegt ihr futuristisches Potenzial (bis 2. 9., Mo–Fr 10–18, Sa 11–14 Uhr, Grolmanstr. 32/33).

Kälte strahlt der Ausstellungstitel „Schnee von heute“ aus, unter welchem der 1966 in Berlin geborene Maler Stefan Hirsig in der Galerie Philipp Haverkampf seine Gemälde und Skulpturen präsentiert. Doch das Frösteln ist eher metaphysisch. Hirsig, der Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger bei Bernd Koberling studierte, bugsiert seine großformatigen, mit verschiedenen Techniken des Farbauftrags und der Farbabtragung bearbeiteten Leinwände geschickt in die Grauzone zwischen abstrakt und figurativ: Wie in einem Dämmerzustand tauchen Gestalten, Schatten und Gesten auf und verschwinden wieder. Sie entziehen sich der Fixierung durch ihre Betrachter (bis 2. 9., Mi–Fr 11–18, Sa 11–16, Sommerpause: 5. 8.–26. 8., Mommsenstr. 67).

Ohne Schnörkel hat der Künstler, Autor und Musiker John Miller seine Ausstellung in der Galerie Barbara Weiss in Kreuzberg installiert. Miller, geboren 1954 in Cleveland, Ohio, braucht nur ein paar Baumarkt-Bretter, um sich den Raum zu erschließen. Im Zentrum der Schau „The Insanity of Place“ werden sechs mittelformatige Lichtboxen mit relativ unspektakulär anmutenden Szenen aus dem Langzeit-Projekt „The Middle of the Day“ gezeigt, für welche der Künstler immer um die Mittagszeit öffentliche Räume in mehr oder weniger identifizierbaren Städten in Europa oder Amerika fotografiert. Mit Hilfe des Computers wurden die Szenen um großflächige grafische Elemente, wie etwa scherenschnittartige Schachfigur-Silhouetten, ergänzt, die fast wie Übermalungen wirken (bis 5. 8., Di–Sa 11–18 Uhr, Kohlfuhrter Str. 41/43).