piwik no script img

heute in Bremen„Mit Kunst illustriert“

VORTRAG Kunstkritik-Professorin Astrid Mania untersucht politische Potenziale von Kunst

HfbK
Astrid Mania

Professorin für Kunstkritik und Kunstgeschichte an der Hochschule für bildende Kunst, Hamburg. Für ihre publizistische Arbeit erhielt Mania 2013 den Art-Cologne-Preis für Kunstkritik. Als freie Kunstkritikerin schreibt sie für die Süddeutsche und Artforum International.

taz: Frau Mania, sollte sich Kunst lieber aus der Politik raushalten?

Astrid Mania: Weder ja noch nein – das ist mir zu pauschal. Ich habe ein Faible für eine Kunst, die Fragestellungen der Gegenwart aufgreift und Position bezieht. Aber Kunst, die stärker ihre Autonomie behauptet, ist deswegen nicht weniger berechtigt: Es ist ein großer Vorzug unserer Gesellschaft, dass wir über diese Frage offen diskutieren können – das allein ist politisch.

Allerdings wirkte die professionelle Kunstkritik angesichts der ausdrücklich politischen Documenta 2017 übersättigt …

Ich glaube, das Unbehagen hat einen anderen Grund. Die Documenta ist ein philosophisch-politischer Essay, der mit – entsprechend viel politischer, und nicht immer gelungener – Kunst illustriert wird. Daher die Unzufriedenheit: Die Instrumentalisierung der Kunst ist ja auch der Hauptvorwurf an die KuratorInnen.

Hätte es je eine Documenta mit ausschließlich glücklichen KritikerInnen gegeben?

Irgendjemand ist immer unzufrieden, das liegt in der Natur der Sache. Aber ich glaube, dass den großen, umfassenden Anspruch, der einer Documenta eingeschrieben ist, heute niemand mehr erfüllen kann. Sie hat ja als eine eine Art Nachhilfestunde für ein der Moderne zwangsentfremdetes, westdeutsches Publikum begonnen. Vielleicht muss man sie in einer globalisierten Welt neu denken.

Ihr Vortrag fragt, ob die 15 Minuten der Politisierung durch Kunstbetrachtung nicht bloß das Gewissen des Publikums beruhigen. Können sie nicht auch Anstoß für echtes Engagement sein?

Doch, durchaus. Die Frage ist nicht moralisierend gemeint, sie richtet sich selbstkritisch und -ironisch auch an mich. Aber ein Publikum kann wahrscheinlich nur so „gut“ sein wie die Kunst: Wenn sie uns in ein ethisch korrektes Wohlgefühl badet, wird sie keinen Effekt haben. Ich bin aber überzeugt, dass Kunst, die sich einer solchen Wahrnehmung widersetzt, etwas im Denken auslösen kann. Zumindest ist sie ehrlicher.

interview bes

„Political for Fifteen Minutes“: Vortrag von Astrid Mania im Rahmen der Ausstellung „Dejima – Konzepte vom Ein- und Ausschluss“, Gesellschaft für Aktuelle Kunst, Teerhof 21, 19 Uhr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen