Lohnverteilung noch ungerechter

ARBEITSMARKT Eine neue Studie der Bertelsmann-Stiftung stellt fest: In Sachen Lohnungleichheit übertrifft Deutschland mittlerweile mehrere angelsächsische Länder. Beschäftigungsquote ist so hoch wie nie zuvor

BERLIN taz | Deutschland nimmt in Sachen Lohnungleichheit mittlerweile eine Spitzenposition in der OECD ein: Wie eine neue Studie der Bertelsmann-Stiftung ermittelt hat, ist hierzulande die Kluft zwischen niedrigen und mittleren Einkommen bei einer Vollzeitbeschäftigung größer geworden. Verdienten Niedriglohnbezieher 1997 noch 64 Prozent des Einkommens eines Arbeitnehmers mit mittlerem Einkommen, kamen sie 2007 nur auf 53 Prozent.

„Die Lohnungleichheit hat mittlerweile das Niveau Großbritanniens und anderer Länder erreicht, die bei der Beschäftigungspolitik weniger auf den sozialen Ausgleich achten“, stellen die Autoren der Bertelsmann-Studie fest. Korrekt müsste es allerdings heißen: Deutschland hat angelsächsische Länder wie Großbritannien, Australien und Neuseeland sogar überholt. Nur in Kanada und den USA beziehen Niedriglohnarbeitskräfte prozentual noch weniger vom Verdienst eines Arbeitnehmers mit mittlerem Einkommen.

Ein weiteres Ergebnis der Arbeitsmarktforscher aus Gütersloh: Immer mehr Menschen in Deutschland arbeiten. Die Beschäftigungsquote stieg zwischen 2001 und 2008 um 4,4 Prozentpunkte auf 70,2 Prozent an. Neue Jobs seien jedoch häufig befristet oder gering entlohnt.

Besonders erhöht hat sich zwischen 2001 und 2008 die Beschäftigungsquote von Frauen und älteren Arbeitskräften zwischen 55 und 64 Jahren: Sie stieg um mehr als 5 beziehungsweise 16 Prozentpunkte an.

Eric Thode, Leiter der Studie, lobte diese Entwicklungen: „Die Arbeitsmarktreformen des ablaufenden Jahrzehnts haben zum Beschäftigungserfolg beigetragen.“ Der Preis dafür sei aber eine „zunehmende Lohnungleichheit“. Die neuen Risiken der flexibilisierten Arbeitsmärkte müssten vor allem Jugendliche, Ältere oder Geringqualifizierte tragen. EVA VÖLPEL