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Netzwerk Die Blogfabrik in Berlin-Kreuzberg verbindet autonomes Arbeiten im Coworking Space mit einem Projekt, an dem alle mitwirken: Statt Miete für seinen Arbeitsplatz zu zahlen, muss man beim gemeinsamen Onlinemagazin mitmachen

Die Digitalisierung verändert unsere Art zu arbeiten rasant. Das manifestiert sich nicht nur in High-Tech-Gadgets und Arbeit im Café mit freiem WLAN. In Berlin-Kreuzberg hat sich eine andersartige Arbeitsstruktur entwickelt: Die Macher der Blogfabrik bezeichnen ihr Projekt als „neuen Ansatz eines Coworking-Konzepts“. Auf den ersten Blick scheint es sich um einen der vielen Orte zu handeln, an dem Freiberufler sich temporär einfinden, um dort für sich zu arbeiten. Die Etage eines alten Fabrikgebäudes in Berlin-Kreuzberg erstreckt sich u-förmig über zwei Quergebäude und einen dazwischen liegenden Seitenflügel. Auf den 550 Quadratmetern befinden sich 60 Arbeitsplätze. Hier mietet sich allerdings niemand bloß für ein paar Stunden ein.

Wer einen dieser Arbeitsplätze nutzen will, muss sich bewerben. „Meistens kommen die Kreativen zusätzlich über Empfehlungen zu uns“, sagt Maria Ebbinghaus, Projektleiterin der Blogfabrik. „Es ist uns wichtig, dass die Chemie einfach stimmt und die Bewerber echte Teamplayer sind.“ Die Plätze werden mindestens für einen Monat vergeben, meistens länger. Anders als in üblichen Coworking Spaces wird die Nutzung hier auch nicht durch eine Mietzahlung abgegolten, sondern durch Content. Wer in der Blogfabrik arbeitet, verpflichtet sich, am gemeinsamen Onlinemagazin mitzuwirken.

Das DailyBreadMagwird von all den Bloggern, Instagramern, Foto- und Videografen erstellt, die sich auf der Etage zusammenfinden. Wer einen festen Arbeitsplatz nutzt, erstellt zwei Beiträge pro Monat. Wer mit seinem Laptop dort Platz nimmt, wo es von Tag zu Tag gerade passt, erstellt einen Beitrag. Das Magazin widmet sich Themen rund um den digitalen Wandel der Gesellschaft und dokumentiert das Projekt Blogfabrik für die Außenwelt. „Durch diese Zusammenarbeit vernetzen sich die Nutzer der Etage schneller und enger, als es sonst der Fall wäre“, sagt Ebbinghaus. „Dadurch entsteht ein Kompetenzzentrum für digitales Wissen.“

Die Blogfabrik wächst rasant. Die Nachfrage übersteigt ihre Kapazität bei Weitem. Derzeit, so Ebbinghaus, stünden über 100 Bewerbungen offen. 2014 ging das Projekt mit 30 Arbeitsplätzen an den Start. Vor wenigen Monaten wurde das ursprüngliche Raumkonzept modifiziert, um die nun 60 Arbeitsplätze unterbringen zu können. „Das war un­pro­ble­matisch, weil das Raumkonzept ohnehin flexibel gestaltet ist“, so Ebbinghaus. Die Etage ist in drei Bereiche unterteilt: In mehreren kleineren Räumen befinden sich jeweils einige Einzelarbeitsplätze. Dort sitzen in der Regel auch die wenigen mit festem Arbeitsplatz. Kleinere Teams arbeiten darin manchmal zusammen.

Am anderen Ende der Etage befindet sich ein großer Multifunktionsraum. Er kann als Fotostudio genutzt oder durch Vorhänge unterteilt werden. Zwischen diesen beiden Bereichen befindet sich ein großer Open Space, in dem viele der Arbeitsplätze liegen. Eine Installation aus Holz strukturiert diesen Raum, schafft verschiedene Ebene und trennt einzelne Arbeitsplätze und Sitzecken für Besprechungen durch Lamellen voneinander ab. Ein wichtiger Bestandteil des Konzepts sind große Tafeln, an denen sich bis zu zehn Leute für Teamarbeit zusammensetzen können. Einen separaten Besprechungsraum gibt es auch noch. Er kann stundenweise reserviert werden.

„Da die meisten Nutzer das Office sehr flexibel nutzen, konnten wir viele der Arbeitsplätze doppelt belegen“, so Ebbinghaus. „Da wir zudem immer noch genügend Gemeinschaftsfläche haben, zum Beispiel auch die große Küche, bleibt allen genügend Bewegungsfreiraum.“ Großzügig und luftig wirken die Räume auch, weil es außer Tischen und Stühlen kaum Mobiliar darin gibt. Wer will, kann einen Trolley mieten, um Sachen darin zu verstauen. Allen anderen, die nach belieben kommen und gehen, reicht ihr Laptop. Die Blogfabrik hat auch an diesem Punkt eine digitale Vision annähernd verwirklicht: das papierlose Büro. LK

Infos und Kontakt unter: blogfabrik.de