LESERINNENBRIEFE
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Eine säkulare, linke Bewegung

■ betr.: „In der Falle“, taz vom 31. 10. 12

Cedric Rehman berichtet stimmungsvoll aus den kurdischen Gebieten Syriens und macht dabei Stimmung gegen die Partei der demokratischen Union PYD.

Rehman unterschlägt, dass die PYD als stärkste Kraft unter den syrischen Kurden die Verantwortung übernommen hat, den religiösen Bürgerkrieg aus den kurdischen Gebieten herauszuhalten. Die syrischen Kurden sind vom Assad-Regime unterdrückt und gleichzeitig von den islamistischen Kräften in der Opposition bedroht. Nach dem Sturz der Baath-Regierung in einem sunnitisch-islamischen Syrien unterdrückt zu werden ist eine reale Gefahr für die Kurden. Deshalb führt die PYD, deren Mitglieder schon lange vor Beginn des syrischen Aufstands scharf vom Regime verfolgt, inhaftiert und ermordet wurden, zurzeit keinen Krieg gegen den syrischen Staat, sondern setzt auf Selbstverteidigung der kurdischen Bevölkerung. Sie ist im Übrigen eine säkulare, linke Bewegung, die sich aktiv für die Befreiung der Frauen einsetzt.

Damit stellt sie sich gegen die islamistischen Gruppen, die innerhalb der Freien Syrischen Armee (FSA) zunehmend an Einfluss gewinnen. Erst am Wochenende kam es zu Dutzenden Toten in Aleppo, als eine islamistische Brigade der Freien Syrischen Armee gegen den Willen der Bewohner in ein von Kurden und arabischen Christen bewohntes Viertel eindrang.

Die von Rehman positiv zitierte Zukunftsbewegung sucht die Unterstützung der Türkei. Diese wird unter Premierminister Erdogans Führung zunehmend islamistischer und undemokratischer regiert. Erdogans AKP geht mit den Kurden in der Türkei autoritär um, Autonomierechte nach europäischem Vorbild (Baskenland, Schottland) werden abgelehnt. 8.000 kurdische Journalisten, Politiker und Aktivisten sind seit 2009 ins Gefängnis gekommen.

Zu dem Vorwurf, der Mord an Maschaal Tammo von der Zukunftsbewegung wäre von der PYD verübt worden, fehlt die Information, dass Kämpfer der Freien Syrischen Armee Dokumente beschlagnahmt haben, die eindeutig die Täterschaft des syrischen Geheimdienstes belegen. ULF PETERSEN, Köln

Ein Ding, das nicht gebraucht wird

■ betr.: „Von wegen Kalorien“, taz vom 6. 11. 12

Trotz aller Diskussionen über die Vorteile des Süßstoffes Stevia kann ich als Laie keinen Nutzen für den Menschen erkennen. Vielleicht besteht ja auf längere Sicht auch die Möglichkeit einer Körperschädigung. Der Mensch scheint ja eigentlich an den Konsum energiehaltiger Süße gewohnt, schüttet er doch im Falle ihres Verzehrs Insulin aus. Wohin aber mit dem Insulin, wenn gar kein Zucker da ist? Auf den Geschmack süß reagiert unsere Bauchspeicheldrüse mit der Ausschüttung dieses wichtigen Stoffes. Was aber tut er in unserem Körper, wenn er nicht gebraucht wird? Körperzellen ärgern, die dann mit Wucher reagieren? Kurzum: Zucker, Honig und Co. in Maßen genossen schmecken gut und schaden nicht. Mit Stevia hat die Welt wieder ein Ding, das sie nicht braucht. RALF LUDWIG, Dresden

Das Geheimnis der Bahnmanager

■ betr.: „Bürgerbeteiligung ja, zahlen nein“, taz vom 6. 11. 12

Seit über zehn Jahren versucht die Bahn, eine Planung für den Filderbereich zum Planfeststellungsverfahren einzureichen. Dies ist aber seither misslungen. Im Klartext: Es gibt weder eine Planung noch eine Genehmigung noch eine seriöse Kostenkalkulation! Dass vor der Volksabstimmung der Eindruck erweckt wurde, man könne die Kosten für ein Gesamtprojekt abschätzen, bei dem zwei Planfeststellungsabschnitte bis heute überhaupt noch nicht genehmigt sind, ist ein Skandal und der schludrigen Recherche und Berichterstattung zahlreicher Journalisten zu verdanken. Die Bahn kann also heilfroh sein, dass die Grünen in Baden-Württemberg bereit waren, das Kasperletheater namens Filderdialog aufzuführen. Durch diesen Filderdialog wurde erfolgreich von der Unfähigkeit der Bahn abgelenkt, die dort erarbeitete Variante allerdings vom Tisch gewischt.

Nun faseln die Bahnvertreter ultimativ etwas von Mehrkosten, die die Projektpartner mitzutragen hätten. Wenigstens von der taz hätte ich erwartet, dass darauf hingewiesen wird, dass es weder vor noch nach dem Filderdialog eine genehmigungsfähige Planung gab und gibt, dass also überhaupt keine detaillierten Planungen für diesen Abschnitt vorliegen, dass es folglich in absehbarer Zeit keine Genehmigung (= Planfeststellungsbeschluss) und schon gar keine seriöse Kostenkalkulation geben wird und geben kann. Wie man im Vergleich zwischen zwei nicht näher ausgearbeiteten Varianten, von denen niemand weiß, ob sie je genehmigt werden, eine Viertelmillion Mehrkosten hervorzaubern kann, wird das Geheimnis der Bahnmanager bleiben. SABINE REICHERT, Stuttgart

Warten auf die Hinrichtung

■ betr.: „Todesstrafe, Cannabis und Kondome“, taz vom 8. 11. 12

Die taz jubelt auf Seite 1: „Amerikas bessere Hälfte … In drei Bundesstaaten stimmen die Bürger für die Homo-Ehe“, und auf Seite 6 folgt ein vierspaltiger Beitrag von Jan Feddersen: „Großer Schritt nach vorn. In den Bundesstaaten Maryland, Minnesota, Washington und Maine sollen Schwule und Lesben einander heiraten dürfen“. Auf derselben Seite wird in einem kleinen Absatz erwähnt, dass sich in Kalifornien die Wähler für die Beibehaltung der Todesstrafe ausgesprochen haben. 726 Gefangene warten dort auf ihre Hinrichtung. Ach ja, die taz, es ist schon interessant, wie die Redaktion die Themen gewichtet. MARTIN BREIDERT, Bad Honnef