Porträt
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Sagt, was er denkt: Philipp Heerwagen vom FC St. Pauli Foto: dpa

Kein Gipfelstürmer

Dass Fußballprofis mal den Mund aufmachen, wenn es um tagespolitische Ereignisse geht, kommt eigentlich nicht vor. Bei Philipp Heerwagen ist das anders. Der 34-jährige Torhüter des Zweitligisten FC St. Pauli gilt nicht nur als meinungsstark, er ist auch jederzeit bereit, für seine Überzeugungen einzustehen.

Kein Wunder also, dass Heerwagen, der genau auf der Grenze zwischen dem Hamburger Karolinen- und dem Schanzenviertel wohnt, die Ausschreitungen rund um den G20-Gipfel öffentlich kommentierte. „Die Randale, die bei uns im Viertel abgegangen ist, die mit Demonstrationen und Protest nichts mehr zu tun hatte, war absolut kontraproduktiv für die Sache, auf bestimmte Dinge aufmerksam zu machen“, bewertet der Sportler im Hamburger Abendblatt die Ausschreitungen. Den Leuten gehe es nur noch darum, Menschen und insbesondere Polizisten zu verletzen. „Das hat mich und meine Nachbarn wahnsinnig sauer gemacht“, berichtet Heerwagen.

Nach seinen Beobachtungen hat „von den Randalierern eigentlich keiner Deutsch gesprochen“. „Das heißt also, dass Leute bewusst nach Hamburg gefahren sind, um hier Krawall zu machen“, glaubt der Profi zu wissen. Er erlebte, wie sich seine Nachbarn gewehrt haben: „In den Innenhof, an den unser Haus angrenzt, hatte sich eine kleine Gruppe von Vermummten geflüchtet. Die Anwohner haben von oben gerufen, dass sie sich entfernen sollen. Es hat keine zwei Minuten gedauert, bis Gegenstände auf die Vermummten herunterregneten.“

Positiv wertet der sozial sehr engagierte Fußballprofi die neu entstandene Solidarität im Viertel, das „wahnsinnig zusammengerückt“ sei. Auch die Bewohner angrenzender Straßenzüge seien „zusammengekommen, um aufzuräumen“. „Sie haben ein Zeichen gesetzt, dass das Viertel ihnen gehört.“

Heerwagen gilt als Spieler, der sich mit dem Club und dessen linksliberalem Image identifiziert und ein starkes Standing in der Mannschaft hat. Neben seiner Profikarriere absolviert der älteste Profi des Zweitligateams noch ein Fernstudium in Wirtschaftspsychologie, will aber noch lange spielen – bis Anfang vierzig, wie er selber sagt.

In der vergangenen Saison verdrängte er am Millerntor den sechs Jahre jüngeren Stammtorhüter Robin Himmelmann nach dessen Verletzung aus der ersten Elf. Mit Heerwagen im Tor startete der damals am Tabellenende abgeschlagene Zweitligist eine Siegesserie, die ihn letztendlich noch auf Platz sieben der Tabelle führte. Obwohl Cheftrainer Olaf Janßen langfristig auf Himmelmann als Stammkeeper setzt, ist es deshalb offen, wer in der bald beginnenden Saison als Nummer 1 im Tor startet. Marco CarinI