: KUNST
KunstBeate Schederschaut sich in Berlins Galerien um
Der Titel ist eine Ansage: „Erst mit diesem Lack wird Unerhörtes richtig spannend“. Robert Janitz hat durchaus recht damit, auch wenn er eigentlich gar nicht mit Lacken arbeitet, vielmehr mit einer Mixtur aus Ölfarbe, Wachs und Mehl. Die Art und Weise, wie er seine Leinwände damit bestreicht, hat er einmal mit dem Buttern eines Brötchens verglichen. Und so sieht das tatsächlich aus. Das Wachs macht den Auftrag schlierig und transparent, das Mehl lässt ihn ins Dreidimensionale aufquellen. Bei den neuen Arbeiten, die bei Meyer Riegger zu sehen sind, ist die „Butter“, die sich über orange-blauem, rot-schwarzem oder grau-weißem Farbverlauf erhebt, zitronengelb bis pink. Fast wirkt es, als hätte sie sich gerade erst in Bewegung gesetzt, um die Spannung noch ein wenig zu steigern (bis 5. 8., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Friedrichstr. 235).
Tiere müssen indes bekanntlich nicht viel tun, um Aufmerksamkeit zu generieren. Niedlich sein reicht – das beweisen gerade die beiden Pandas Schätzchen und Träumchen im Berliner Zoo – oder aber gefährlich aussehen. Joshua New, Psychologe an der amerikanischen Yale University, erklärte dies im Jahr 2007 mit der Notwendigkeit unserer Urahnen, sich vor Tieren zu schützen beziehungsweise sie zu jagen, die sich so stark kognitiv verankert habe, dass selbst zigtausend Jahre Evolution nichts daran änderten. Überprüfen lässt sich das derzeit in dem Porzellanzoo, den Ika Künzel in der Galerie BQ auf brutalistisch anmutender Ausstellungsarchitektur verteilt hat. 200 Figurinen, die zwischen der Mitte des 19. Jahrhunderts und jetzt in der Nymphenburger Porzellanmanufaktur gefertigt wurden, hat Künzel ausgewählt, allesamt Unikate, zwischen Exotismus, Kitsch und Kunst changierend. Ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit ist ihnen gewiss, allein schon aufgrund der Fragilität des Materials (bis 5. 8., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Weydingerstr. 10).
Empfindlich sind auch die Vorbilder der Objekte, die Vanessa Leyssner in ihrem Projekt „Down Below“ ab heute in der Volume Gallery präsentiert. Die Künstlerin hat Vulven von 25 Frauen abgeformt und in Beton gegossen – auch als aufklärerischen Akt. Die äußere Beschaffenheit der Vulva ist schließlich noch immer medial unterrepräsentiert wie gesellschaftlich tabuisiert. Leyßners Mission ist es also, Frauen dazu zu bringen, sich mit ihrem „Untenrum“ in all seiner Diversität auseinanderzusetzen und der glatten Perfektion der Pornoindustrie etwas entgegenzusetzen. Abgeschlossen ist das Projekt noch lange nicht. Wer mag, kann im Laufe der Ausstellung nach Absprache seinen eigenen Betonabguss fertigen lassen (Eröffnung am 13. 7., 19 Uhr, bis 16. 7., 12–18 Uhr, Brunnenstr. 22).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen