LeserInnenbriefe
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Die Erkrankung meiner Mutter

betr.: „Ich sehe was, was du nicht siehst“, taz vom 24./25. 6. 17

Diesen Artikel fand ich absolut gelungen und sehr berührend. Zu der Zeit meiner Kindheit (mittlerweile bin ich Anfang 40) hat man noch gar nicht darüber nachgedacht, dass nicht nur psychisch Kranke selbst, sondern auch Angehörige und vor allem Kinder von Elternteilen mit psychischer Erkrankung dringend Unterstützung benötigen. Meine Mutter war über Jahrzehnte medikamentenabhängig und betrieb regen Medikamentenmissbrauch, was sich in Kombination mit einer schweren Persönlichkeitsstörung verheerend auf sie selbst und uns als Kinder auswirkte.

Bis zur Trennung meiner Eltern (ich war zu dem Zeitpunkt 12 Jahre alt, mein Bruder war 14 Jahre alt), war mir nur in Ansätzen aufgefallen, dass mit meiner Mutter etwas nicht stimmte. Auch wenn meine Eltern sich zunehmend häufig stritten und absehbar war, dass die Trennung nur noch eine Frage der Zeit war, hatte mein Vater dafür gesorgt, dass wir Kinder wenig von der psychischen Erkrankung der Mutter mitbekamen.

Erst als mein Vater ausgezogen war und sich über 12 Jahre lang nicht mehr blicken und er auch nicht von sich hören ließ, bekamen mein Bruder und ich die Erkrankung meiner Mutter in ihrem ganzen schrecklichen Ausmaß zu spüren. Während mein Bruder sich bis heute intensiv um meine Mutter kümmert und er immer noch der Ansicht ist, dass sie für ihre grausamen Verhaltensweisen und Aussagen nichts kann und Mitleid mit ihr hat, habe ich den Kontakt zu ihr abgebrochen und sie seitdem keine Sekunde vermisst. Im Gegenteil, ich habe über all die Jahre erlebt, wie ich zunehmend endlich zur Ruhe kommen konnte. Letzten Endes blieb mir auch nichts anderes übrig, da ich irgendwann erkannt hatte, dass ich entweder selbst krank werde oder mich auf mich konzentriere.

Nach insgesamt 11 Jahren Therapie und 2 Jahren Suchtberatung für Angehörige geht es mir endlich gut und ich habe mich vor Kurzem nach langem Überlegen sogar doch noch getraut, selbst Mutter zu werden. Geblieben ist mir eine ausgeprägte Angststörung und nach langem Ringen konnte ich mich endlich dazu durchringen, angstreduzierende Medikamente zu nehmen, sodass mich Panikattacken nicht länger quälen. Ich bin sehr froh, dass es für Kinder von psychisch kranken Elternteilen endlich Unterstützung gibt und dass sich die Fachöffentlichkeit immer mehr dafür interessiert, sich mit den Lebenswelten von Familien, die von diesem Leid betroffen sind, aus­ein­anderzusetzen. Ich hoffe sehr, dass Artikel wie dieser auch das Umfeld, wie Schule oder Sportvereine, sensibilisieren, um Kinder psychisch kranker Eltern auch außerhalb von professioneller Hilfe einen unterstützenden Rahmen anzubieten, der ein weitgehend gesundes Aufwachsen fördert. Name ist der Redaktion bekannt

Ein unsäglicher Mann

betr.: Regenbogentitel, taz.am wochenende vom 1./2. 7. 2017

Mit eurem bunten Titelblatt vom 1./2. Juli streichelt ihr meine seit Jahren geschundene Seele! Danke! Nein! Nichts, gar nichts möchte/wollte ich mehr sehen/lesen/hören über diesen unsäglichen Mann, der nun endlich von uns gegangen ist! Gebe Gott, dass dieser eben jenem dort oben so richtig die Leviten liest …wenn der auch nur versuchen sollte, eine freie Harfe zu ergattern. Nein, Helmut! Du wirst nach gaaanz unten fahren: Zu Kumpel Franz Josef! Halleluja! CHRISTOPH GORSCHLÜTER, Balingen

Ich bin Merkel dankbar

betr.: „Merkelt euch eins“, taz vom 28. 6. 2017

Es ist nicht zu fassen, da wird kritisiert, dass von Merkel keine Wahlversprechen kommen, während die SPD liefert und liefert. Seit wann sind Wahlversprechen ernst zu nehmen? Es sei denn als Arbeitsvorlage für das, was nach der Wahl nicht umgesetzt wird? Jedes Wahlversprechen hat den Charakter einer Beleidigung. Und ich bin Merkel dankbar, dass sie mich nicht als Idioten behandelt, während die SPD seit 150 Jahren das gleiche Manöver fährt: links blinken – rechts fahren. Aber die Umfragen ergeben nun, dass sich dieses Verfahren weitgehend erledigt hat.

Gut so. Das wurde aber auch Zeit! GERD HEIDE, Hamburg

Mörderische Aktivitäten

betr.: „Wie Big Food die Welt erobert“, taz vom 24./25. 6. 2017

Der sehr gute Artikel verdeutlicht die hier mal wieder sehr perfiden und im wahrsten Sinne des Wortes mörderischen Aktivitäten von Danone und Nestlé (letzterer Konzern ist aktuell mit der Privatisierung von Wasser und in den 1970er Jahren schon mal mit „Milchpulver statt Muttermilch“ in Afrika ähnlich mörderisch in Aktion getreten). Gleichzeitig fragt Thomas Kruchem: „Was können wir tun?“ in dem mal wieder aussichtslos erscheinenden Kampf der Menschenrechte gegen die Interessen globaler Konzerne und beantwortet seine Frage auch grundsätzlich am Ende des Artikels. Aber, was müss(t)en wir eigentlich tun, wenn wir größtmögliche Humanität, geringsten Verlust an Menschenleben erreichen wollen? ANDREAS ROSENHAGEN, Bremen

Bunt, laut, fantasie- und humorvoll

betr.: „Schlauchboot oder Schwarzer Block“, taz vom 1./2. 7. 2017

Echt schade, dass ihr ein Foto vom Schwarzen Block für das Interview mit Christoph Kleine von der Interventionistischen Linken gewählt habt! Die IL ist in Vorbereitungskomitees und auf Demos bunt, laut, fantasie- und humorvoll und mit einer bewundernswerten Konsequenz und Ernsthaftigkeit für die Sache vertreten. Nächstes Mal gerne ein Foto, das die Position widerspiegelt und das sich im Übrigen bestimmt richtig toll als Eyecatcher macht! ELKE SCHÄFER, Mannheim