DER JÄGER, TEIL 2
: Draußen in Spandau

Er sagt, hier in der Gegend könnte er ja nicht leben. Ist ihm zu hektisch in Neukölln

Nachdem der Handwerker, der auch Jäger ist, mit meiner Heizung alles gemacht hat, was ich wollte, füllt er einen Bogen aus, den ich unterschreiben soll. Er sagt, hier in der Gegend könnte er ja nicht leben. Ist ihm zu hektisch in Neukölln. „Ist schon Kreuzberg hier“, sage ich. Alle denken immer, es ist Neukölln, aber da vorne an der Straße ist die Grenze.

„Egal“, sagt er, „Kreuzberg ooch nich. Bei mir in Spandau, da isses schön ruhig, und es sind auch nur 300 Meter bis zum Wald.“ Auch schön, sage ich. Aber weiter Arbeitsweg dann, ne? „Ja, ja“, sagt er, „so ’ne Stunde sitz ick schon im Auto.“ Ich sage, ich bin froh, dass ich mit dem Fahrrad nur zehn Minuten zur Arbeit brauche. Wo das denn ist, fragt er. Checkpoint Charlie, sage ich. „Kenn ick“, sagt er, „da arbeitet ein Bekannter. Bei Axel Springer, bei der Zeitung.“ Ja, sag ich, genau da, also fast, nur nicht bei Springer, sondern bei der taz. „Sacht mir nüscht“, sagt er. Auch so ’ne Zeitung, sage ich, und zeige ihm die aktuelle Ausgabe. „Nee“, sagt er, „nie jesehen. Aber werde mal drauf achten.“ Och ja, sage ich, ist auch nicht so wichtig.

„Ja, ja, die Medien“, sagt er. „Also der Bekannte von Springer, der erzählt mir immer von seinen Meetings und so, und dass er immer janz fülle zu tun hat und wie anstrengend das alles ist.“ „Hmm“, sage ich. „Ja, das bei Springer ist bestimmt anstrengend. Bei uns nicht so. Macht Spaß, eigentlich.“ „Na denn ist ja jut“, sagt er, „taz, ja? Werd ick mir merken.“

Er gibt mir den Bogen zum Unterschreiben. „So, Feierabend“, sagt er, und dass er nachher auch wieder jagen geht. „Im Wald?“, frage ich. „Nee, uffm Feld heute, hinter Oranienburg, da oben.“ Ich sage, ich bin froh, dass die Wildschweine alle so weit draußen wohnen. „Na, da täuschen Se sich“, sagt er, „die kommen hoch bis zur Hermannstraße!“ Und ich sage, dann ist ja gut, dass er sich darum kümmert.

MARGARETE STOKOWSKI