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Kunst und PolitikSchwierige Beziehung

Hamburger Kunsträume

von Hajo Schiff

Auf der Documenta in Kassel ist es Thema, zum ­G-20-Gipfel drängt es sich besonders in den Vordergrund: Die Kunst muss ihr Verhältnis zum Politischen generell und zur Politik im Besonderen stets neu bestimmen. Dabei sind Grenzüberschreitungen unvermeidlich. Aber welche Grenzen können dabei überhaupt interessieren, will man die Verhältnisse zum Tanzen bringen? Längst scheint es unter dem „erweiterten Kunstbegriff“ gar keine mehr zu geben. Das Soziale selbst kann künstlerisch verstanden und gestaltet werden. Doch das meint ganz sicher nicht allgemeine Bespaßung oder Sozialtherapie.

Als vorrangig symbolisches Handeln bietet die Kunst einen Freiraum, in dem experimentell Neues entstehen und Altes durchdacht werden kann. Etwas anderes ist der verführerische Anspruch, unmittelbar zu wirken. Da gelten andere Regeln, da drohen Aktionismus, Propaganda und Tralala.

In diesen Wochen ist die Kunst also vorrangig unter dem Aspekt des Politischen zu sehen, selbst da, wo sie es eigentlich vermeiden will – das ist ja auch schon ein Statement. Im Harburger Bahnhof wird das alles exemplarisch demonstriert: Erst gibt es diesen Samstag um 14 Uhr zwischen Daniel Loick, dem Frankfurter Professor für kritische Gesellschaftstheorie, und der Berliner Künstlerin Jennifer Bennet eine Diskussion zum Missbrauch von Eigentum. Dann werden deren Kernthesen von Signe Koefoed und Justin Francis Kennedy in Tanz übersetzt. Auch die grauen Menschen der „1000 Gestalten“ sind ein Körper-Protest, der sich bis zum 5. Juli steigern soll.

Im ohnehin politikaffinen Gängeviertel eröffnet am Dienstagabend die Gruppenausstellung „Amphiteatreffknoten“, bei der sich zehn Künstler*innen unter anderem mit der Symbiose von Finanz- und Kunstmärkten, mit Formen der Ausgrenzung und generell der Möglichkeit von Protestkunst befassen. Dass der Senat seinerseits für die Belästigungen der Bürger durch das G-20-Treffen freien Eintritt für die Museen vorschlug, ist dann nochmal eine weitere Volte in der Beziehung von Kunst und Politik.

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