Porträt
:

Als Spieler und Trainer erstklassig: Antonio Carlos Ortega Foto: dpa

Großes Kaliber für Hannover

Einfach nur nach vorne zu blicken, dürfte für alle Beteiligten die beste Variante sein. Wenn Antonio Carlos Ortega an diesem Montag als neuer Trainer der TSV Hannover-Burgdorf vorgestellt wird, prallen auf den ersten Blick Welten aufeinander. Die „Recken“, wie sich der Handball-Erstligist gerne nennen lässt, waren 2017 das schwächste Team der höchsten deutschen Spielklasse. Vor einer Woche erst musste ihr Trainer Jens Bürkle entlassen werden. Unter der Regie seines Nachfolgers Ortega kann es also nur bergauf gehen. Aber was bitte schön macht ein Fachmann wie Ortega, der einen Vertrag für zwei Jahre unterschreibt, bei einem Verein wie Hannover-Burgdorf?

Als Spieler hat er sechsmal die Champions League gewonnen. Als Trainer ist er ebenfalls bis in die Königsklasse vorgestoßen. Man könnte daraus schließen, dass der Spanier Ortega für seinen neuen Job mitten im Niedersächsischen überqualifiziert ist. Aber er schließt sich eben auch im passenden Moment einem Verein an, der zum nächsten großen Wurf ansetzt. Hannover-Burgdorf zieht ab der Saison 2017/18 für die Mehrheit seiner Heimspiele von der AWD-Hall in die TUI-Arena um: in eine riesige Multifunktionshalle auf dem früheren Expo-Gelände statt der eher muffigen Stadionsporthalle im Zentrum.

Die „Recken“ gehen ein hohes Risiko ein bei ihrer Flucht nach vorne und benötigen dafür erstklassige Helfer. Ortega kommt mit der Empfehlung, vor allem im taktischen Bereich ein Könner zu sein. Den ungarischen Klub Veszprem zweimal in die Endrunde der Champions League geführt zu haben, ist etwas Großes.

Welche Art von Trainer benötigt ein Verein wie Hannover-Burgdorf? Bürkle war auch ein Könner, aber für eine der härtesten Ligen der Welt ein wenig zu nett. Sein Nachfolger Ortega dürfte leichteres Spiel haben. Er weiß, wie man gestandene Profis aus aller Welt antreibt. Ortega spricht eine putzige Mischung aus Englisch, Spanisch und den im bezahlten Handball notwendigen Kraftausdrücken. „Ich kann versprechen, dass wir hart arbeiten werden“ – diesen Satz hat der 45-Jährige seinem ersten Auftritt in Hannover vorausgeschickt. Seine künftige Mannschaft wird ahnen, dass sich die Zahl ihrer eher gemächlichen Trainingstage ab sofort reduzieren dürfte.

Dass sich die TSV Hannover-Burgdorf bei ihrem Klettern auf der Karriereleiter in erster Linie auf der Position des Cheftrainers verstärken will, lässt aufhorchen. Die Grundidee von Geschäftsführer Benjamin Chatton lautet: Unsere bisherige Mannschaft ist stark genug für das obere Tabellendrittel, ein besserer Trainer als bisher muss ihr nur den Weg dahin weisen. Christian Otto