LESERINNENBRIEFE
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die tageszeitung | Rudi-Dutschke-Str. 23 | 10969 Berlin | briefe@taz.de | www.taz.de/zeitungDie Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor . Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.

Das hat mich echt getouched

betr.: „Im Wedding“, taz vom 17./18. 6. 17

Euer Porträt nebst Fotostrecke zum Wedding hat mich echt getouched. Anfang der 90er als Studi am „Jesundbrunnen“: Das war Kopfsteinpflaster, Besoffene in der Schultheisskneipe, Kotze auf dem Gehweg, die gefühlt höchste Kampfhunddichte sowie unser Hausmeister im Rippenunterhemd mit längst erloschenem Zigarrenstummel im linken Mundwinkel. Einfach herrlich! Gibt es diesen Wedding noch? MATTHIAS BECKER, Düsseldorf

Lächerliches Strafmaß

betr.: „Nur der Staatsanwalt plädiert auf Mordversuch“, taz vom 13. 6. 17

Heute fiel das Urteil im Fall des Obdachlosen im Bahnhof Schönleinstraße. Ich bin fassungslos und empört über das Urteil des Landgerichtes Berlin. Für die begangene Tat, den Obdachlosen angezündet zu haben und seinen eventuellen Tod in Kauf genommen zu haben, wurden vom Gericht Strafen verhängt, die geradezu lächerlich sind. Zwei Jahre und neun Monate Gefängnis für den Hauptangeklagten und Bewährungsstrafen und Jugendarrest mit gemeinnütziger Arbeit – ist das der Wert für die Bedrohung eines Menschenlebens? Wie blauäugig sind diese Richter, wenn sie annehmen, dass diese Männer die volle Tragweite ihrer Tat nicht erkannt hätten? Was ist das für eine Rechtsprechung, die hier offensichtlich gewieften Anwälten und heuchlerischen Krokodilstränen der Beschuldigten auf den Leim gegangen ist?

Wie kann das alles zusammenpassen? Mit 18 Jahren und 16 Jahren sollen die jungen Leute wählen dürfen – dazu sollen sie reif genug sein. Aber wenn sie Straftaten begehen, dann werden sie bis zum 21. Lebensjahr nicht voll zur Rechenschaft gezogen, weil sie ja noch nicht reif genug sind. Dieser Spagat ist nicht nachzuvollziehen. RUDOLF SCHLEHAHN, Berlin

Regierungsalternative gesucht

betr.: „Wir alle schätzen die Vorzüge von Tegel“, taz vom 19. 6. 17

Leider sind die SPDler schon wieder dabei, sich schon im Vorfeld selbst um sämtliche Chancen zu bringen. Immer wird das Trennende hervorgehoben. Augenscheinlich ist die Nato-Politik wichtiger als die Innen- und Sozialpolitik. Im Gegensatz zu manchen Wendehälsen bei SPD und Grünen zeigt Sahra Wagenknecht eine klare und überzeugende Haltung. Soweit bekannt, gibt es vor Koalitionen Koalitionsverhandlungen. Und da werden Kompromisse von allen Beteiligten gemacht werden – so, wie das immer schon der Fall war.

Die SPD hat in der letzten GroKo einiges richtig gemacht: Rente nach 45 Beitragsjahren mit 63 oder mit 63+ ohne Abschlag möglich. Mindestlohn eingeführt. Jetzt will sie den aktuellen Rentenanspruch von 48 Prozent auch für die Zukunft halten.

Aber das Gießkannenprinzip nach Prozenten war und ist noch immer unsozial. Wer in seinem Arbeitsleben viel verdient hat, geerbt hat oder das erwarten kann, einen Partner mit eigenem auskömmlichem Rentenanspruch hat, für den sind 48 Prozent viel und ausreichend. Wer aber wenig verdient hat, kein Erbe erwarten kann und/oder keinen Partner hat oder keinen mit auskömmlichem Rentenanspruch, für den sind auch 48 Prozent zu wenig. Weshalb keine Rente nach Bedarf?

Leider ist mit Häme gegen die SPD nicht geholfen. Wir würden eine Regierungsalternative dringend brauchen. Aber eine SPD, die fortlaufend gegen Linke stänkert und sich nicht wahr­nehmbar von der CDU unterscheidet und sich bei der FDP ­anbiedert, die ist keine vertrauenswürdige Alternative für die Wähler/innen. Hoffentlich kriegt die SPD noch rechtzeitig die Kurve in Sachen gerechte Alternativen zur CDU/FDP.

MARGARETE PSCHEIDL, Isny

Bodenlose Frechheit

betr.: „Berlins Beamte sollen nicht mehr Schlusslicht sein“, taz vom 14. 6. 17

Es ist ein Skandal, wie der Berliner Senat schon seit über 15 Jahren mit seinen Beamten umgeht! Wenn man beispielsweise Polizei- und Feuerwehrbeamte, die in dieser Stadt einen wirklich schwierigen und anstrengenden Job machen, weiterhin so schlecht bezahlt, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn keiner mehr die Arbeit machen will! Sieht so Wertschätzung aus? Der Regierende Bürgermeister Müller und seine rot-rot-grüne Koalition müssen sich fragen lassen, ob sie die desaströse Sparpolitik vom Vorgänger Wowereit, der Berlin erst in ein Behördenchaos gestürzt hat, weiter fortsetzen wollen. Die jetzt beschlossene Gehaltserhöhung für die Beamten kann man wirklich nur als „bodenlose Frechheit“ bezeichnen! THOMAS HENSCHKE, Berlin