LeserInnenbriefe
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Eingeknickt vor Herrschaftsmedien

betr.: „Zum Tod von Helmut Kohl: Das ging daneben“, „Ich wende mich entsetzt ab“ (LeserInnenbriefe), taz vom 19. 6. 17

Sehr bedanken möchte ich mich bei euch für die gelungene Titelseite zum Tod von Helmut Kohl. Vor dem Hintergrund der für mich kaum zu ertragenden Lobhudeleien der anderen Medien war diese Titelseite eine kritisch-satirische Würdigung der „Lebensleistung“ von „Birne“ Helmut Kohl angesichts des Versprechens von blühenden Landschaften. So eine Titelseite ist wirklich ein Markenzeichen der taz, auf das sie stolz sein kann.

Wenn dann noch solch ein kritisch-informativer Nachruf wie der von Bettina Gaus (vielen Dank an dieser Stelle für alle ihre Artikel und Kommentare, die ich immer sehnsüchtig erwarte!) zu lesen ist, rundet dies die journalistische Leistung der taz ab.

Helmut Kohl war eben auch ein kalt agierender Machtmensch, der es geschafft hat, sich mit Lügen, Halbwahrheiten und eisernem Schweigen an der Macht zu halten.

Dass Chefredakteur Georg Löwisch vor der Kritik der Herrschaftsmedien eingeknickt ist und sich für diese wunderbare Titelseite entschuldigt hat, finde ich enttäuschend.

Angemessen fände ich es, sich für diese „Entschuldigung“ öffentlich zu entschuldigen. HARTMUT LOUIS, Wuppertal

Danke für die Blumen

betr.: „Das ging daneben“, taz vom 19. 6. 17

Jetzt lebe ich mal zur Abwechslung im Tal der Ahnungslosen, im schönen Köln am Rhein, fernab jener großartigen Titelseite mit den „Blühenden Landschaften“. Ich spreche den Angehörigen Helmut Kohls mein Beileid aus. An der Lobhudelei auf diesen kann ich mich nicht beteiligen: 16 Jahre Aussitzpolitik, Mehltau auf allen gesellschaftlichen Gebieten, der europäische Gedanke stammt nicht von Kohl, sondern von den Europäern, der Mauerfall und die Wiedervereinigung sind ihm vor die Füße gefallen, wie gut, dass Gorbatschow seine Macht in der DDR preisgab. „Es wird niemandem schlechter gehen …“ ist ein Witz in Ost und West. Danke für die Blumen, danke für die mir nicht getitelte Seite. ROLF BERGMEIER, Köln

Ich schätze euch frech und frei

betr.: „Das ging daneben“, taz vom 19. 6. 17

Gerade zurück und noch ganz beseelt von einer tollen taz-Reise durch das Wendland stelle ich erstaunt fest, dass sogar eine örtliche Lokalzeitung von der taz Notiz genommen hat. Da steht „‚Taz‘ blamiert sich mit Titelseite“.

Wie tief seid ihr oder ist der Chefredakteur gesunken? Wir haben uns bei der Reise sehr über das Titelblatt amüsiert. Was reitet Georg Löwisch, sich davon zu distanzieren? Ihr wart schon mal mutiger. Ich schätze euch jedenfalls frech und frei. Überlasst das Bravsein den anderen. MARIA HERRMANN, Bad Oldesloe

Unverschämtes Handeln

betr.: „Das ging daneben“, taz vom 19. 6. 17

„Lieber frech und frei als brav“ ist der klassische Rechtfertigungsversuch für unverschämtes Handeln und Sprechen. Diese Aktionen sind vielleicht notwendige Stilmittel für die Persönlichkeitsentwicklung Minderjähriger. Für ewig Heranwachsende können sie trostspendende Ablenkung vom Alltag sein. Erwachsene denken an Schülerstreiche und Titanic und schämen sich fremd.

MARIA MAYER, Frankfurt am Main

Alles richtig gemacht, taz!

betr.: „Das ging daneben“, taz vom 19. 6. 17

Da bin ich seit Jahrzehnten Euer Abonnent und hab bisher nur einen Leserbrief geschrieben. Das gehört sich so nicht. Vor allem da ich damals noch nicht mal mit Abokündigung gedroht habe (oder machen das nur Nicht-AbonnentInnen?).

Die Seite 1 vom Wochenende hat mir erst ein Lächeln auf die Lippen gezaubert, dann fand ich sie doch etwas arg hämisch. Aber als ich die Kommentarspalten bei der WAZ zu deren Artikel über Eure Titelseite gelesen habe, hab ich mir nur gedacht: Alles richtig gemacht, taz! Ihr habt auf deren Seiten eine Diskussion in Gang gebracht, wie man sie sonst nicht sieht, noch nicht mal bei Flüchtlingsthemen. Es geht um Moral, Trauer, Politikerlobhudelei, Respekt, Satire und, und, und. Damit habt Ihr Leute weit über Euren eigenen Verbreitungsraum zum Nachdenken gebracht.

Die Seite 1 tut nicht jedem gefallen, aber sie hat eine Wirkung erzielt, wie sie besser nicht sein könnte. Gut gemacht!

MARTIN-U. HARBORT, Dortmund

Schämen Sie sich!

betr.: „Das ging daneben“, taz vom 19. 6. 17

Was für ein geschmackloses Titelbild: Einen Menschen noch im Tod zu verhöhnen. Schämen Sie sich!

PETER BARTHELMES, Mainz

Gelächter bei der Grabrede

betr.: „Das ging daneben“, taz vom 19. 6. 17

Ich kam leider erst am Montag in den Genuss der Seite 1. Ich finde, bei aller Anerkennung seiner Verdienste muss auch ein verstorbener Gesetzesbrecher eine solche Seite 1 aushalten. Dabei fällt mir ein ganz alter Sketch von Insterburg & Co. (70er) ein. Man hört eine Grabrede und bei jeder Lobhudelei bricht die Gemeinde in schallendes Gelächter aus. Für ewig und immer aktuell. FERN MEHRING, Dortmund